A MusicManiac's Top 500 Songs

Nach fast acht Jahren als MusicManiac und noch ein paar mehr der Beschäftigung mit Musik wird es Zeit für einen unzureichenden Versuch eines musikalischen Fazits. Natürlich kommt es, typisch für diesen MusicManiac, in ausufernder Listenform und kürt die verwegene Zahl der 500 als beste befundenen, liebgewonnensten und geschätztesten Songs.
Das eher irrsinnige Ausmaß der Liste, die stilistische Bandbreite der Songs darin und die Wankelmütigkeit im Urteil sorgen dafür, dass auch alle Sorgfalt bei der Erstellung nichts daran ändert, dass sie weder vollständig, noch für mich als Ersteller ultimativ zufriedenstellend oder richtig wirkt. Um den Titel der Liste und ihre Aussagekraft noch weiter zu untergraben, sei auch gleich angemerkt, dass sich unter viele, viele wirkliche Songs auch einige klassische Kompositionen und Soundtrackstücke mischen und ihren wohlverdienten Platz bekommen.

 

Deswegen sei gesagt, dass man diese Liste schon ein bisschen, aber tunlichst nicht zu ernst nehmen darf, sondern man viel eher ein bisschen stöbern, die Musik genießen, Spaß haben, überrascht sein, sich wundern sollte. Für Aufregung, Fragen zu meinem Geisteszustand, Beschwerden über die einen Songs und Jubelstürme wegen anderer ist aber natürlich trotzdem immer in den Kommentaren Platz.

Also dann, rein in Part 19 der unendlichen Liste!

 


50.

 

Get On The Floor

 

Michael Jackson

 

Off The Wall
1979

Diese Bassline! Herrgott, ist die unfassbar stark. Nicht erst in den großen 80ern, die aus Michael Jackson den King of Pop gemacht haben, sondern bereits kurz zuvor ist ihm sein eindrucksvollster Wurf gelungen. Get On The Floor entbehrt noch großteils der cineastischen Dramatik späterer Jahre, ist stattdessen ein reinblütiges Disco-Erlebnis, das neben einer geschmeidigen Performance Jacksons vor allem auf einen Mann bauen kann: Louis Johnson. Der ist am Bass eine Legende und das im Lichte derartiger Einfälle wie jener dieses Songs mit vollem Recht. Drumherum machen die Streicher, die Bläser, der knackige Riff ordentlich was her, doch es ist die bereits nach wenigen Sekunden eingebrannte Bassline, die alles regiert und für ein paar denkwürdige Minuten der Tanzwut sorgt.

49.

 

Breaking The Habit

 

Linkin Park

 

Meteora
2003

In Erwartung einer eigentlich verhältnismäßig härtezentrierten, an das Debüt erinnernden Vorstellung war Meteora sicherlich keine Enttäuschung, gleichzeitig aber auch eine verdammt wichtige und starke Erweiterung dessen, wozu Linkin Park imstande waren. Denn die eindringlichste Komposition sollte keine Gitarrenwände und halb geschriene Zeilen mitbringen, sondern eine elektronisch geprägte Ballade sein. Nur spärlich bekommt man die kargen Akkorde an der Gitarre mit, nur gedrückt den Bass, stattdessen dominieren die Streicher, die Synths und der unterkühlte, abgehackte Beat. Imposant ist allein schon, wie atmosphärisch das gerät, obwohl eigentlich im Mittelpunkt von allem Chester Bennington und nur er steht. Geschrieben von Mike Shinoda und einem drogenabhängigen Freund gewidmet, wurde der Song für Bennington jahrelang bei Liveauftritten zur Hürde aufgrund des emotionalen Gewichts, den die Zeilen für ihn selbst wegen seiner Probleme mit Drogen und Depressionen hatten. Diese Resonanz von Bennington überträgt sich seiner ohne Kitsch berührenden Performance sei Dank fast ohne Abstriche auch auf andere.

48.

 

Sarabande End Title

 

Georg Friedrich Händel

 

Barry Lyndon
1703-1706 / 1975

Die Aufbereitung von Georg Friedrich Händels Sarabande für den Film Barry Lyndon ist ein Meisterwerk der raumfüllenden Dramatik und als solches gleichzeitig ein Hörgenuss wie auch ein unter die Haut gehendes Stück. Nahezu absurd ist das, weil es sich doch eigentlich bei der Sarabande um eine dem Tanz gewidmete und dazu dienliche Art der Komposition handeln sollte. Dass das in diesem Fall eher nicht das Ziel war, ist bei den schleppenden, schwergewichtigen Streicherklängen, die das Cembalo erbarmungslos in den Schatten stellen, und den wuchtig hallenden Trommelschlägen rasch klar. Das Ergebnis ist jedoch ungleich eindrucksvoller und szenischer.

47.

 

House Of The Risin' Sun

 

Bob Dylan

 

Bob Dylan
1962

Vielleicht bin ich der Einzige auf diesem Planeten, der auf die Idee käme, auf der Suche nach den besten Songs des großen Bob Dylan ausgerechnet auf seinem bescheidenen und durchwachsenen Debüt zu suchen. Doch inmitten durchschnittlicher und fehlgeleiteter Darbietungen findet sich dort eine Neuinterpretation eines alten Folk-Blues, der erst später durch die Animals zum Hit werden sollte. Doch die rockigere Darbietung bringt nichts von dem emotionalen, atmosphärischen Gewicht mit, das Dylan, auf die akustische Gitarre reduziert, dem Song einverleiben kann. Die verzweifelte Erzählung aus der Sicht einer vom Leben gezeichneten und dem Ende ins Auge sehenden Prostituierten gerät, so unerwartet das auch sein mag, mit Dylan an genau den Richtigen, der nicht einmal das Geschlecht ändert, sondern stattdessen sein Herzblut in eine leidenschaftliche Performance aus ihrer Perspektive steckt.

46.

 

The Magnificent Seven

 

The Clash

 

Sandinista!
1980

Der stilistischen Ruhelosigkeit der Briten ist es zuzuschreiben, dass man ziemlich viel sehr unterschiedliche Auswahl hat, will man den besten Clash-Song finden. Und während die Punk-Puristen sich auf das Debüt der Band oder die eine oder andere spätere Genrehymne konzentrieren werden, andere womöglich in den verschiedenen Rock-Übungen von London Calling ihr Heil finden, darf es gerne auch etwas ganz anderes sein. Unverhohlen funkig und von den frühsten Anfängen des Hip Hop gezeichnet, eröffneten Strummer & Co. 1980 ihre alle Grenzen des Umfangs und Geschmacks sprengende 3-fach-LP Sandinista! mit The Magnificent Seven. Das ist einerseits symptomatisch für den so durchwachsenen Eklektizismus der späteren Jahre der Band, andererseits trotz erschöpfender Länge ein in allen Belangen geniales Werk. Insbesondere hinsichtlich einer der besten Basslines aller Zeiten, der man zusammen mit Mick Jones' funkigen Riffs wahrscheinlich auch noch weitere zehn Minuten ohne Verschleißerscheinungen zuhören könnte.

45.

 

Boogie Wonderland

 

Earth, Wind & Fire feat. The Emotions

 

I Am
1979

Selbstverständlich ist das Ensemble von Earth, Wind & Fire ein mustergültiges Beispiel für die Tendenz zur kitschigen Übersteigerung, die den Glam-infizierten 70ern und der Disco-Welle im Besonderen zu eigen war. Das ändert nichts daran, dass die Band nicht selten dem Funk und R&B alle Ehre gemacht hat und so nebenbei in ihren besten Tagen für Songs gesorgt hat, die die Quintessenz dessen darstellen, was einen auf die Tanzfläche zieht. Die Spitze dieses Eisbergs stellt das im Refrain mit den unentbehrlichen Stimmen der Emotions garnierte Boogie Wonderland dar, das mit der Hook des Jahrhunderts daherkommt und die elaborierte Präzision aller schillernden Einzelteile bestens zur Geltung bringt.

44.

 

Walzer Nr. 2

 

Dmitrij Šostakovič

 

Suite für Varieté-Orchester
1955

Die Welt der Klassik-Kenner und -Könner mag sich uneins sein darüber, wie groß nun die Wertschätzung für Dmitrij Šostakovič wirklich sein soll. Mir ist das als Stümper aber egal, insofern darf es ruhig auch eine Komposition des Sowjetrussen in diese Liste schaffen. Der zweite seiner Walzer aus seiner Suite für Varieté-Orchester ist ein oft gehörtes, nicht zu selten suboptimal eingesetztes Werk, dessen Mischung aus Eleganz und Romantik, aus behänder Statik und beschwingtem Rhythmus eine beeindruckende Wirkung entfaltet. Nicht nur als wunderschöne Komposition, sondern auch als Amalgam unterschiedlicher Gefühlslagen, die in einem "simplen" Walzer versteckt sind. Es dürfte nicht von ungefähr kommen, dass nicht selten dieser Walzer in Dokumentationen das in einen Weltkrieg taumelnde, spätmonarchistische Europa begleiten darf. Es ist schon ein gelungenes, atmosphärisch ambivalentes und imposantes Schauspiel.

43.

 

White Rabbit

 

Jefferson Airplane

 

Surrealistic Pillow
1967

Die Frage nach dem einen wahren Song, der die psychedelische Welle der späten 60er perfekt symbolisiert, mag durchaus unterschiedliche Antworten hervorbringen. Aber Jefferson Airplane waren damals mittendrin statt nur dabei, wenn es um trippige Klänge gegangen ist und haben mit White Rabbit ein zweieinhalbminütiges Erlebnis anzubieten, das schon sehr nah an der Pole Position für obige Frage ist. Denn der rockige Marsch, der sich in Anlehnung an den Bolero zu einem voluminösen Klimax steigert, ist als Unterboden für die bruchstückhaften Referenzen auf "Alice im Wunderland" und die diversen Anspielungen auf Drogen das ideale Maß an surrealer Absurdität. Dass all das dank Grace Slicks verführerisch schöner Stimme und der makellosen Darbietung der Band auch noch spitze klingt, ist da fast schon nur mehr das Sahnehäubchen.

42.

 

Savior

 

Rise Against

 

Appeal To Reason
2008

Angekommen im eigentlich recht friedlichen Spannungsfeld zwischen Punk und Alternative Rock, waren Rise Against Ende der 00er-Jahre kommerziell am Höhepunkt, künstlerisch aber nicht mehr ganz auf der Höhe. Kaschiert wurde dieser Umstand durch eine rechtmäßig erfolgreiche Single, deren Hook ihresgleichen sucht, die aber neben dem mächtigen Riff und dem starken Bass vor allem auch auf einen Tim McIlrath in Topform bauen kann. Der klingt in Savior mit seiner kratzigen Stimme nicht nur genau so, wie es sein soll, sondern schüttelt sich auch einige seiner besten, weil persönlichsten Zeilen aus dem Ärmel und macht den Song damit zu einem mächtigen Kontrast zu den so zahlreichen politischen Hymnen der Band.

41.

 

I Want To Conquer The World

 

Bad Religion

 

No Control
1989

Starke Songs von Bad Religion müssen entweder die Hirnwindungen zum Nachdenken anregen oder aber einem das unbändige Gefühl vermitteln, die Welt niederreißen und in besserer Form neu aufbauen zu wollen. Und nichts, was diese Band je hervorgebracht hat, hat diese Aufgabe besser gemeistert als das durchdringende I Want To Conquer The World, das gesunden Sarkasmus mit ein bisschen Wahrheit kreuzt und darunter einen Riff ausbreitet, ohne den das Leben einfach um ein Eck schlechter wäre.

40.

 

End Theme

 

Tenmon

 

Byōsoku Go Senchimētoru
2007

Das Klavier kann verdammt viel, wenn es denn richtig eingesetzt wird. Und während es erstklassig dramatisch, schwungvoll oder verträumt klingen kann, gibt es wenig, das so viel in einem auslöst, wie ein Klavier, dem man Klänge entlockt, die nach der puren Zerbrechlichkeit klingen. Gelungen ist das wie selten jemand dem japanischen Komponisten Tenmon, der für Makoto Shinkais 5 Centimeters Per Second die Musik schuf. Dabei hat er unter anderem dieses Klavierthema kreiert, das von einer solch durchdringenden, dezenten Zurückhaltung ist und in seiner Melodie so viel an Gefühl versteckt, dass es kaum in Worte zu fassen ist.

39.

 

Jigsaw Falling Into Place

 

Radiohead

 

In Rainbows
2007

Jigsaw Falling Into Place ist meisterliche Arbeit, weil es auf so vielen Ebenen gefällt. Ein locker dargebotenes Stück des folkigen Rock ist es, das beinahe anmutet, als wäre es im Vorbeigehen eingespielt worden. Genauso hört es sich auch, wenn man will, als gefälliges, irgendwie gemütliches, melodisch verführerisches Werk. Gleichzeitig ist es unter der Oberfläche von so wunderbaren Finessen durchzogen, so feinsinnig eingespielt und in seinen diversen klanglichen Schichten insbesondere gegen Ende auch auf so luftige Art voluminös, dass man darin versinken möchte. Und dazu ist es noch so gefühlvoll und atmosphärisch, wie man es bei der vorangegangenen Beschreibung eigentlich nie erwarten würde. Einfach aus jedem Blickwinkel ein ganz großer Wurf.

38.

 

Fade To Black

 

Metallica

 

Ride The Lightning
1984

So ganz plausibel scheint es nicht, dass sich auch balladeskes Liedgut verdammt stark mit den brachialen, ungeschönten Tendenzen der frühen Metallica-Jahre verträgt. Es ist aber so, weil es der Band vor allem mit Fade To Black gelungen ist, ihr damaliges musikalisches Repertoire gelungen um bluesige Tendenzen und akustische Gitarrenklänge zu erweitern, während man sich weiterhin erlaubt, drückend schwere Riffs auszubreiten und in der zweiten Songhälfte zu einem ausgedehnten, mächtigen Outro mit mehreren Soli werden zu lassen. Der Kern des Songs ist jedoch Hetfields unerwartet berührende Vorstellung, die inmitten der Musik fast unterzugehen droht und gesanglich wenig Qualitäten offenbart, gerade deswegen aber umso tieferen Eindruck hinterlässt und die bedrückend depressiven Zeilen umso auswegloser klingen lässt.

37.

 

Losing My Religion

 

R.E.M.

 

Out Of Time
1991

Nahezu zu Tode gespielt in den mittlerweile 30 Jahren seit seiner unverschämt erfolgreichen Veröffentlichung, darf so etwas wie Losing My Religion abseits der medialen Überpräsenz weiterhin mit nichts als einer erfürchtigen Verneigung bedacht werden. Denn der eigenwilligen musikalischen Volte durch Peter Bucks Mandoline zum Trotz, ist es eine Ballade, die ohne Exzentrik oder Pomp auskommt, sich stattdessen gleichermaßen der vollendeten Harmonie des Arrangements widmet wie der atmosphärischen Stärke des Songs. Und letztere kann kaum überschätzt werden, ist doch Michael Stipes Darbietung eine seiner stärksten und wirkmächtigsten, obwohl er selbst betont hat, sich mit den sehnsüchtig romantischen Zeilen bewusst einem universellen und keinem persönlichen Thema gewidmet zu haben.

36.

 

Love Will Tear Us Apart

 

Joy Division

 

Love Will Tear Us Apart
1980

Auf dem Papier hat es eine groteske Qualität, Joy Division sich dem Pop zuzubewegen zu sehen. Passiert ist es in der ureigen unheilvollen Art der Band dennoch und das definitiv am ehesten mit Love Will Tear Us Apart, mit dem die Briten so etwas wie einem Hit am nächsten gekommen sind. Zu bekritteln ist daran absolut nichts, weil Ian Curtis darauf verzichtet, der fast schwungvollen Hook und dem hellen Sound der Synths in irgendeiner Weise klanglich zu folgen. Stattdessen bleibt die bleierne, emotionsarme Schwere seines Gesangs erhalten und zementiert die schon mit dem Songtitel ideal eingefangene, pessimistische Aura des Songs ein. Und nicht anders soll es sein, ist doch diese Diskrepanz von Musik und Text der wohl wichtigste Baustein dieses Höhepunkts der Band.

35.

 

Vichnaya Pamyat

 

Hildur Guðnadóttir

 

Chernobyl: Music From The Original TV Series
2019

Die in vielfacher Hinsicht schwerste, lang nachwirkende Beklemmung auslösende, dreiteilige Serie Chernobyl rund um das Reaktorunglück sollte man gesehen haben, sie ist nämlich herausragend. Die dazugehörige Musik verdient nicht weniger lobende Worte und gehört in Form des die Serie abschließenden Chorals Vichnaya Pamyat zu jener Sorte, die die Wirkung des davor Gesehenen ins Unendliche potenziert. Die Komposition des Chorals der Isländerin Hildur Guðnadóttir spart sich abseits des raumfüllenden Gesangs größere musikalische Eindrücke, verschärft damit aber die Trostlosigkeit des Ganzen, spannt gleichzeitig den Bogen zu einer wehmütig pastoralen Aura. Wie sehr einem das im Magen liegen bleibt, vor allem im Zuge der Serie, tut merklich weh.

34.

 

Misguided Ghosts

 

Paramore

 

Brand New Eyes
2009

Dem poppunkigen Trend ihrer damaligen Inkarnation trotzend, haben Paramore für Misguided Ghosts ein rein akustisches Setting gewählt, das die Intimität des Songs unglaublich gut betont und im Verbund mit Hayley Williams starker gesanglicher Darbietung ein dezentes Ganzes ergibt. Und das ist das ideale Setting für die melancholische Unsicherheit im Lichte der Un- und Umwege des Lebens, die die Komposition prägt und die Williams' mit ihrem mal druckvollen, mal was gehauchten Gesang perfekt aufbereitet.

33.

 

Mr. Gaunt Pt 1000

 

Soap&Skin

 

Lovetune For Vacuum
2009

Ehrlicherweise kann man eingestehen, dass es ungefähr zehn Sekunden braucht, um zu wissen, dass dieses Lied ein perfektes Stück Musik ist und einen in den darauffolgenden Minuten absolut nichts von diesem früh gefassten Urteil abbringen kann. Plaschg macht mit dem hellen Klavierspiel, den langgezogen winselnden Streichern und ihrem geisterhaft darüber schwebenden Gesang aber auch absolut nichts, um diese Einordnung in irgendeiner Weise infrage zu stellen. Es ist ein perfekter Song in jeder Hinsicht.

32.

 

Fast Car

 

Tracy Chapman

 

Tracy Chapman
1988

Während sie schon auf ihrem Debüt und jedenfalls danach nie mehr an diesen einen Moment herangekommen ist, gebührt Tracy Chapman in alle Ewigkeit für ihren bedeutendsten Song nichts als Ehrerbietung. Das in unnachahmlicher Art gleichermaßen schüchtern und selbstsicher gesungene Fast Car ist auch nach Jahrzehnten einer der lichtesten Augenblicke des Folk. Klanglich in aller unprätentiösen Zurückhaltung intoniert und großteils dem markanten Akustikriff untergeordnet, ist es insbesondere ein stimmlich wie textlich außergewöhnlicher Track, der, obwohl ohne autobiografischen Kontext, in unfassbar authentischer, gefühlvoller Form auf das schwierige Leben in Armut und mit familiären Schwierigkeiten blickt.

31.

 

Feel Good Inc.

 

Gorillaz

 

Demon Days
2005

Womöglich in alle Ewigkeit der künstlerische Zenit des Damon Albarn, ist Feel Good Inc. jedenfalls die ultimative Ausformung der Vision, die er mit den Gorillaz verwirklichen wollte. Trotz weitläufiger klanglicher Einflüsse und Elemente, einem Fundament, das gleichermaßen im Hip Hop, im Funk und im Alternative Rock fußt, ist es eine Komposition, die ihre Ecken und Kanten alle im idealen Maß ausgeformt hat. Und so lässt man sich vom denkwürdigen Bass tragen durch die deprimierende Szenerie der Feel Good Inc., des entrückten Daseins dort und Albarns unendlich wehmütigen, mitunter fast leblosen Gesang in Erwartung des Gastauftritts der Rapper von De La Soul und deren irrem Lachen. All das trägt bei zu einer bedrückenden Szenerie, wäre aber weit weniger wert ohne den fast hoffnungsfrohen, sonnigen Kontrast, den der erstklassige Refrain und die akustische Bridge darstellen.

30.

 

Heron Blue

 

Sun Kil Moon

 

April
2004

Trauer, Niedergeschlagenheit, Lebensmüdigkeit. Sonst spricht eigentlich nichts aus Heron Blue. Auf über siebeneinhalb Minuten streckt Sun Kil Moon a.k.a. Mark Kozelek seine monotone, an der Akustikgitarre gespielte Melodie, die nur sporadisch durch kurze Solopassagen erweitert wird. Und in dieser relativen Ereignislosigkeit - einziger weiterer Akzent ist ein im Hintergrund wuchtig, aber gedämpft verhallender Beat in der zweiten Songhälfte - steckt eine unfassbare atmosphärische Kraft, die sich im Zusammenspiel mit seinem tiefen, ungerührten Gesang ergibt. Dazwischen ein unumwunden poetischer, aber freudloser Text, der den Tod in seiner emotionalen Tragweite einzufangen versucht und das auch schafft, wie es kaum möglich scheint.

29.

 

Ich Will

 

Rammstein

 

Mutter
2001

Je nach Perspektive muss ein Rammstein-Song nicht unbedingt viel können, um verdammt gut zu sein. Ich Will ist dafür ein glänzendes Beispiel, ist es doch sowohl der qualitative Gipfel der Band als auch ein Amalgam all ihrer Tugend. Insbesondere zusammen mit dem Video mit großartigem Humor gesegnet, hemmungslos überzeichnet in Sachen Dramatik und hymnischer Qualität, gleichzeitig ein atmosphärisches Ungetüm und ein Ohrwurm vor dem Herrn, wie es selten einen gegeben hat. Nie hat die Band das eher und effektiver alles unter einen Hut gebracht und perfekt verkörpert als hier.

28.

 

Come Out And Play (Keep 'Em Separated)

 

The Offspring

 

Smash
1994

Einer der legendärsten Riffs des Pop Punk war 1994 zu einem sehr substanziellen Teil mitverantwortlich dafür, dass die bis dahin nur Szene-Insidern bekannten Jungs von The Offspring plötzlich das erfolgreichste Indie-Album aller Zeiten abliefern konnten. Smash war deswegen nicht automatisch ihr größter musikalischer Wurf, konnte aber in seiner Vereinigung von alten Punk-Tugenden, dem nötigen Hauch Grunge-Feeling und der poppigen Tendenzen, die die Band später noch in ganz andere Richtungen treiben sollten, mit so etwas wie Come Out And Play aufwarten. Und das ist ein Track, dem sein orientalisch angehauchter Riff, seine dreckig dahinrauschenden Power Chords, die druckvolle Rhythm Section und Dexter Hollands bissiger Text über die Bandengewalt an US-Schulen zu einer unschlagbaren Genialität verhelfen.

27.

 

Everything In Its Right Place

 

Radiohead

 

Kid A
2000

Radioheads Experimentierfreude erreichte einen ersten Höhepunkt definitiv 2000 mit Kid A, dessen streng elektronische Ausrichtung so manchen Verehrer der angestammten Alt Rocker verstört zurückgelassen hat. Verstörend ist das Album auch, allerdings nicht wirklich aufgrund des stilistischen Wandels, sondern wegen der von der Band kreierten, unwirklichen, dystopischen Szenerie. Everything In Its Right Place ist der Startschuss dessen, bedeckt die so unglaublich großartige Synth-Hook zwischenzeitlich mit allerlei manipulierten Gesangsspuren, verfällt dem lyrischen Dadaismus, der jeder präzisen Deutung entflieht, und schafft den Spagat zwischen eingängiger Form und einer nicht fassbaren, mechanisch kalten, surrealen Aura.

26.

 

Love And Happiness

 

Al Green

 

I'm Still In Love With You
1972

Eine der größten Stimmen des Soul ist für so manchen Klassiker des Genres verantwortlich. Love And Happiness ist einer davon und eine besondere Perle in Al Greens Kanon. Denn es stimmt jeder Ton und das nicht nur beim stimmlichen Schwergewicht, das sich in höchstem Maße geschmeidig durch die fünf Minuten singt, was allerdings bereits nach dem unvergleichlichen Intro absolut klar ist. Doch auch das Drumherum, diese unwiderstehliche Arbeit an der Gitarre, die Hammond Orgel und der göttliche Einsatz der Blechbläser, passt alles, wie es besser nicht passen könnte und baut ohne große Anspannung eine leidenschaftliche Intensität auf, die fasziniert.


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