Violetta Zironi im Interview:

"Ich musste mich selbst und alle anderen daran erinnern, wer ich eigentlich wirklich bin."

Gerade einmal 22 ist sie und hat schon mehr von der Welt gesehen als viele andere in ihrem ganzen Leben. Die junge Italienerin Violetta Zironi hat den Schritt raus aus der Heimat gewagt und ist gerade mit den Vorbereitungen ihrer EP "Half Moon Lane" und der damit vielleicht verbundenen Eroberung des Musikglobus beschäftigt. Die gleichnamige Single ist bereits draußen und fängt einen mit intimem Stil und großartigem Gesang ein, um einen nicht mehr loszulassen. Mit im Gepäck: Alle Tugenden des Folk und Country und eine Stimme zum Dahinschmelzen. Viel Grund an bevorstehendem Erfolg zu zweifeln, gibt es also nicht. Bevor es soweit ist, haben wir aber noch die Gelegenheit bekommen, ihr ein paar drängende Fragen zu stellen und sie ist uns netterweise Rede und Antwort gestanden.

 

erstellt am: 14.07.2017

MusicManiac - Zuallererst die Frage aller Fragen: Wie läuft die Arbeit an deiner EP "Half Moon Lane"? Bist du zufrieden damit, wie sich deine neuen Songs bisher entwickeln?

 

Violetta Zironi - Ja, ich bin wirklich glücklich mit den Songs, die ich in letzter Zeit geschrieben habe. "Half Moon Lane" als Ganzes ist ja auch das Ergebnis von vier Jahren musikalischer Erkundungen, all den in dieser Zeit gesammelten Erfahrungen und auch davon, dass ich mich selbst besser kennengelernt habe.

MM - Im Laufe der letzten paar Jahre, nachdem du deine Karriere in Italien gestartet und dir mit deinen ersten Singles einen Namen gemacht hattest, hast du einen ziemlich klaren Cut gemacht, bist nach London gezogen und hast einen großen Schritt in Richtung einer weitaus unabhängigeren Herangehensweise an die Musik gemacht. Hat das in deinen Augen dein Songwriting und die Entwicklung, die deine Musik generell durchgemacht hat, mit beeinflusst?

 

Violetta Zironi - Absolut. Aus Italien wegzuziehen und mich damit aus meiner Komfortzone herauszubewegen hat definitiv mein Songwriting beeinflusst. Das hat mich dazu gebracht, komplett neue Denkansätze und Methoden Musik zu machen kennenzulernen und mit vielen professionellen Musikern zusammenzuarbeiten.

MM - Was war eigentlich deine Motivation dahinter, aus Italien wegzuziehen? Immerhin scheinst du dir in deiner Heimat in sehr kurzer Zeit einen guten Namen gemacht zu haben und bist jetzt trotzdem das Risiko eingegangen, das gewissermaßen hinter dir zu lassen und neu anzufangen.

 

Violetta Zironi - Nachdem ich vier Jahre lang versucht habe, mir eine Musikkarriere in Italien aufzubauen, habe ich realisiert, dass ich dafür von dort weg muss. Italien ist leider ein sehr abgeschotteter Markt, von dem aus wenig Musik exportiert wird und das macht es verdammt schwer, den Durchbruch zu schaffen. Auch wenn ich damals an X Factor teilgenommen und dadurch einen massiven Popularitätsschub bekommen habe und die ersten Monate nach dem Finale wirklich gut gelaufen sind, war schon nach einem halben Jahr nicht mehr viel davon übrig. Noch dazu war ich bei einem Major Label unter Vertrag, das von mir so schnell wie möglich Musik für den Release wollte - Musik an der ich nicht mitgeschrieben habe -, um mich zu einem Popstar zu machen. Da hab ich mich nicht repräsentiert gefühlt. Ich wollte einfach meine eigenen Songs schreiben und spielen und hatte das Gefühl, dass man mir das in Italien zu dem Zeitpunkt nicht erlauben würde.

MM - Soweit ich weiß, hast du auch einige Zeit damit verbracht, die Südstaaten der USA zu bereisen und dort das zu besuchen, was man ohne Zweifel als Ursprung von Country, Bluegrass und einigen Folk-Helden bezeichnen kann. Allesamt Genres, die eine wichtige Inspiration für dich zu sein scheinen. Welche Erfahrungen hast du von dieser Reise mitnehmen können?

 

Violetta Zironi - Ja, ich bin fast einen Monat lang durch die Südstaaten gereist, weil ich eben die Heimat all der Musik, die mich am allermeisten beeinflusst, mit eigenen Augen sehen wollte. Es war ein großartiges Erlebnis, diese ganzen Orte zu sehen und verstehen zu können, wieso Blues, Country und Folk ausgerechnet dort ihren Ursprung genommen haben. Ich hatte dadurch die Möglichkeit, außergewöhnliche Menschen und Musiker kennenzulernen, mit diesen zusammenzuarbeiten, Songs zu schreiben und mich inspirieren zu lassen von allem unter diesem endlosen blauen Himmel. Das alles hat mir auch geholfen, ein klareres Bild von mir zu entwickeln und zu verstehen, dass ich zwar diese Musik über alles liebe, aber aus einer komplett anderen Welt mit ganz anderem Background komme, den ich nicht einfach verleugnen darf, weil er das ist, was mich ausmacht.

MM - Passend dazu, hast du auf deiner Facebook-Seite einige Interpreten aufgelistet, die dich beeinflusst haben, darunter Emmylou Harris, Johnny Cash, Dolly Parton. Einige der größten und vielbewunderten Musiker eines Genres, das in Europa oft unter Wert geschlagen und ignoriert wird. Wie bist du überhaupt zum Country gekommen und warum ist es gerade der, der in dir so viel auslöst?

 

Violetta Zironi - Mein Vater ist Blues-Musiker und spielt Mundharmonika, also bin ich aufgewachsen mit non-stop Blues bei uns zu Hause. Aber irgendwann als Teenager bin ich bei einem Konzert gelandet und dort hat eine Band aufgespielt und zwar Musik, mit der ich mich genauso identifizieren konnte wie mit Blues, nur dass sie mehr Spaß gemacht hat und man viel besser dazu tanzen konnte: Da bin ich zum ersten Mal Rockabilly begegnet. Und dann hab ich all die Rock 'n' Roll-Musiker aus den 50ern entdeckt und bin in der Folge zum Country gekommen. Ich habe Johnny Cash entdeckt und der hat mir meine Augen in Richtung Folk geöffnet. Ehrliche, authentische Musik, die Geschichten über normale Menschen erzählt hat.

MM - Jetzt ist "Half Moon Lane" nicht dein erster Release und doch dein erster größerer Schritt auf der internationalen Bühne, wichtiger noch, eine neue musikalische Richtung, die dir weit mehr Kontrolle über darüber gibt, wie sich deine Musik entwickelt. Fühlt sich da die Arbeit an den neuen Songs ähnlich an wie die zu Beginn an deinen allerersten Aufnahmen?

 

Violetta Zironi - Mittlerweile dauert die Arbeit an meinen neuen Songs ein Jahr an und ich glaube nicht, dass sie in irgendeiner Weise meinen früheren Singles ähneln werden. Wie gesagt, diese Songs haben mich nicht wirklich dargestellt und ich hab mich dabei größtenteils an die Vorgaben anderer gehalten - Label, Manager, Produzenten. Das wird vielleicht damit zu tun haben, dass ich damals noch keine klare Idee davon hatte, wer ich war und wie meine Musik sein sollte. Jetzt bin ich mir voll im Klaren darüber, welche Botschaft ich durch meine Songs und die Arrangements dahinter vermitteln will.

MM - Deine neue Single klingt ruhiger und definitiv persönlicher als alles, was du bisher veröffentlicht hast. War das vom ersten Moment an eine ganz bewusste Entscheidung, das Ganze musikalisch zu reduzieren und den Fokus mehr auf deine Stimme und deren emotionale Qualitäten zu setzen?

 

Violetta Zironi - Das war es! Nachdem ich ein paar Singles herausgebracht hatte, die mich überhaupt nicht repräsentiert haben, musste ich einfach zurück zum Anfang. Ich musste mich selbst und alle anderen daran erinnern, wer ich eigentlich wirklich bin... Also hab ich einen sehr ehrlichen Song geschrieben, über meine neues Zuhause in London und über das gleichzeitig beängstigende und aufregende Gefühl, alles, was man vorher gemacht hat, einfach hinter sich zu lassen und wegzufliegen. Und es war dann meine Entscheidung, dass der Song rein akustisch sein muss, um all das möglichst direkt den Zuhörern sagen zu können, als würde ich direkt neben ihnen sitzen und ihnen von diesen Dingen erzählen.

MM - Ich habe gelesen, dass du Songs quasi on the road geschrieben hast, während du gerade dabei warst, von Italien nach London zu ziehen, dass du aber auch die Chance hattest, mit einigen anderen Künstlern zu schreiben, insbesondere denen, die du in den USA getroffen hast. Sind diese neuen Songs jetzt zur Gänze von dir allein geschrieben oder eine kollaborative Sache?

 

Violetta Zironi - Meine neuen Songs sind ohne Zweifel das Ergebnis all dieser Reisen. Ein paar davon sind in Zusammenarbeit mit anderen Musikern, die ich in den USA, Großbritannien oder Deutschland getroffen habe, entstanden, andere sind aber komplett selbstgeschrieben.

MM - Du bist 22 und stehst immer noch am Anfang deiner Karriere, trotzdem klingt das alles musikalisch und insbesondere gesanglich schon ziemlich verfeinert. Aber es gibt wohl immer Raum für Verbesserungen und neue Richtungen, in die man gehen kann. Schaust du da bereits in die Zukunft und denkst darüber nach, was du bald ausprobieren willst, vielleicht andere Genres, in die du eintauchen willst?

 

Violetta Zironi - Tja, eigentlich kann ich es kaum noch erwarten, mit der neuen EP fertig zu werden, damit ich direkt mit der Arbeit an den nächsten Aufnahmen beginnen kann! (lacht) Ich bin zwar mit diesen Songs noch nicht ganz fertig, aber ich würde auf alle Fälle in der Zukunft gerne mit unterschiedlichen Sounds experimentieren, sie mit Musikern verschiedenster Genres entwickeln und vereinen. In Italien bin ich Teil eines multikulturellen Orchesters, des Orchestra di Piazza Vittorio. Zusammengesetzt aus großartigen Musikern aus aller Welt und alle spielen traditionelle Instrumente aus ihrer Heimat, singen in ihrer eigenen Sprache. Es ist beeindruckend, wie inspirierend das ist, einfach nur mehr und mehr Genres und unterschiedliche Zugänge kennenzulernen. Ich denke, dass ich das in Zukunft mehr machen will, mit Musikern aus den unterschiedlichsten Regionen zusammenarbeiten.

MM - Natürlich macht es einen riesigen Unterschied, ob man auf der Bühne steht und vor einem Live-Publikum spielt oder ob man im Studio arbeiten. Das eine das spontanere und direktere Erlebnis, das andere eher eine gedankenverlorene Erfahrung mit dem Ziel, die eigene Arbeit immer weiter zu verbessern, so weit es einem möglich ist. Würdest du sagen, dass du eines dem anderen vorziehst? Bist du da eher die leidenschaftliche Live-Künstlerin oder die Perfektionistin, die die Arbeit im Studio liebt?

 

Violetta Zironi - Das ist eine wirklich gute Frage! (lacht) Eigentlich mag ich unterschiedliche Dinge bei beidem... Aber ich würde sagen, live aufzutreten, das hat eine ganz andere Qualität, viel intensiver. Sich auf ein Publikum einzulassen und sich dem zu stellen, ist einfach unglaublich. Es fühlt sich wirklich an, als würde man da direkt mit diesen Leuten reden. Das gibt mir das Gefühl, dass ich nur deswegen das tun kann, was ich tue, weil sie da sind. Wenn ein Künstler live auftritt, dann entsteht eine merkwürdige, geniale Atmosphäre in diesem Raum, die genauso von den Musikern selbst kommt wie vom Publikum. Da denk ich mir dann auch, dass meine Aufnahmen am besten so nahe dran sein sollten an meinen Live-Auftritten wie möglich.

MM - Jetzt findet man bekannte Namen nicht nur unter deinen zahlreichen Einflüssen, sondern du hast auch bereits mit namhaften Künstlern zusammengearbeitet und bist mit ihnen gemeinsam auf der Bühne gestanden. Unter anderem Ben E. King, mit dem du ein Duett von Stand By Me gesungen hast. Wenn du jetzt ohne jegliche Beschränkungen aussuchen könntest, gibt es da irgendeinen Musiker, mit dem du mehr als mit allen anderen arbeiten wollen würdest?

 

Violetta Zironi - Hmmmm.... Ich würde schon verdammt gerne einen Song zusammen mit Paul McCartney aufnehmen. (lacht) Andererseits, das ist vielleicht der Traum eines jeden Musikers... Ein Duett mit Paolo Conte steht da aber auch ganz oben auf der Liste. Wir haben bereits einmal im Studio zusammengearbeitet und dieser Mann ist einfach göttlich.

MM - Gibt es bereits Pläne für einen kleinen Besuch in Österreich in der nächsten Zeit, irgendwelche Konzerte fixiert?

 

Violetta Zironi - Absolut! Vielleicht werden wir nicht direkt nach dem Release in Österreich touren, aber ich würde auf alle Fälle sehr, sehr gerne mal auf ein paar Festivals hier auftreten.

Zum großen Finale, ein großes Dankeschön an Pon't Danic Music für das Angebot ein Interview zu machen und die Vermittlung und natürlich last, but definitely not least: Grazie mille, Signora Zironi! Und viel Spaß bei der Eroberung der Musikwelt!


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