A MusicManiac's Top 500 Songs

Nach fast acht Jahren als MusicManiac und noch ein paar mehr der Beschäftigung mit Musik wird es Zeit für einen unzureichenden Versuch eines musikalischen Fazits. Natürlich kommt es, typisch für diesen MusicManiac, in ausufernder Listenform und kürt die verwegene Zahl der 500 als beste befundenen, liebgewonnensten und geschätztesten Songs.
Das eher irrsinnige Ausmaß der Liste, die stilistische Bandbreite der Songs darin und die Wankelmütigkeit im Urteil sorgen dafür, dass auch alle Sorgfalt bei der Erstellung nichts daran ändert, dass sie weder vollständig, noch für mich als Ersteller ultimativ zufriedenstellend oder richtig wirkt. Um den Titel der Liste und ihre Aussagekraft noch weiter zu untergraben, sei auch gleich angemerkt, dass sich unter viele, viele wirkliche Songs auch einige klassische Kompositionen und Soundtrackstücke mischen und ihren wohlverdienten Platz bekommen.

 

Deswegen sei gesagt, dass man diese Liste schon ein bisschen, aber tunlichst nicht zu ernst nehmen darf, sondern man viel eher ein bisschen stöbern, die Musik genießen, Spaß haben, überrascht sein, sich wundern sollte. Für Aufregung, Fragen zu meinem Geisteszustand, Beschwerden über die einen Songs und Jubelstürme wegen anderer ist aber natürlich trotzdem immer in den Kommentaren Platz.

Also dann, rein in Part 7 der unendlichen Liste!

 


350.

 

Nichts, Was Wir Tun Könnten

 

Wir Sind Helden

 

Bring Mich Nach Hause
2010

Nach Jahren ruheloser, quirliger, dem Kindlich-Kitschigen verbundener Übungen im New-Wave-Pop fanden die "Helden" erst kurz vor ihrer bis heute anhaltenden Bandpause zu einem ruhigeren, organischeren Selbst. Das war zwar auf ihrer vierten LP nicht weniger verschroben und vor allem textlich eigen als zuvor, musikalisch war man aber naturbelassener und deutlich gedankenvoller unterwegs. Den Höhepunkt der Zurückhaltung bildete dabei das streng akustische Nichts, Was Wir Tun Könnten, ein auch und vor allem dank Judith Holofernes' unverwechselbarer, hoher Stimme zerbrechlich und im ureigenen Stil der Band gefühlvoll wirkender Abschluss. Als undramatische Akustikballade, als Ode an die Akzeptanz des Unabwendbaren, als kleinlaut emotionaler Abschied.

349.

 

Sparkle

 

RADWIMPS

 

Kimi No Na Wa.
2016

Makoto Shinkais kommerzieller Triumph Kimi No Na Wa., der den Regisseur zum global größten Namen des Anime seit Hayao Miyazaki gemacht hat, brachte so nebenbei auch RADWIMPS ein wenig internationaler Aufmerksamkeit. Bis dahin war die Band eher chamäleonartig innerhalb des Rock unterwegs, tobte sich zwischen Indie Pop, Funk, Rap Rock und Punk aus. Der Weg hin zu Shinkai und damit dessen Hang zu jugendlicher Romantik, Melodramatik und poetischer Übersteigerung war dementsprechend nicht der direkteste, führte aber dennoch zu einem im besten Sinne passenden Soundtrack. Vereinzelt immer noch deutlich dem Rock zugewandt, sind es primär jene Momente, in denen man dem Klavier die Hauptrolle überlässt, die den bleibendsten Eindruck hinterlassen. Allen voran Sparkle, das in seiner ausgedehnten Form die atmosphärischen Schwankungen des Films im Kleinen abbildet, einen großartigen emotionalen Bogen zwischen den zurückhaltenderen Passagen und den lauteren Ausbrüchen mitsamt orchestraler Unterstützung spannt.

348.

 

Where I End And You Begin (The Sky Is Falling In)

 

Radiohead

 

Hail To The Thief
2003

Als eine der durchwachsensten Vorstellungen der britischen Kritikerlieblinge beehrt Hail To The Thief zwar mit vollem Recht wenige Bestenlisten, hat aber als zerfahrenes, unrundes Auf und Ab trotzdem einige wenige Höhepunkte vorzuweisen, die den größten Taten der Band in kaum etwas nachstehen. Das einsame Prunkstück ist dabei Where I End And You Begin als Reminiszenz an die unwirtliche und unwirkliche Szenerie von Idioteque und Kid A. Vom ersten Ton an dank einer denkwürdigen Bassline angespannt und in Verbindung mit Jonny Greenwoods Lieblingsspielzeug dieser Tage, dem Ondes Martenot, mit einer endzeitlichen Düsternis gesegnet, ist es ein erstklassiges Stück Elektronik-Rock.

347.

 

Highway To Hell

 

AC/DC

 

Highway To Hell
1979

Die Vollendung eines Lebenswerks erfolgte bei den Australiern verdammt früh. Immerhin bedeutet das aber, dass sie noch unter Beteiligung des wenig später unglamourös verstorbenen Bon Scott und damit dem originellen Kernorgan von AC/DC passiert ist. Der passte, allen Lobpreisungen des Brian Johnson zum Trotz, besser zum verdreckten, hypermaskulinen Hard Rock der Band und ihrer damals noch dynamischen und taufrischen Riffexzesse. Die hatte Angus Young davor und danach nie wieder in solch komprimierter Form erstklassig drauf wie anno 1979 und damit auch auf dem Titeltrack des Albums, der zu einer solch legendären, immerwährend göttlichen Rockhymne mutierte, dass fast jede Huldigung zu wenig der Ehre ist.

346.

 

The Queen Is Dead

 

The Smiths

 

The Queen Is Dead
1986

Gleich und doch anders fanden alle Einzelteile zueinander, als die Smiths sich das dritte Mal an einem Longplayer versuchten. Ein neues Höchstmaß an klanglicher Präzision und Ideenreichtum war erreicht, sodass man nach dem Debüt noch einen zweiten, von ausnahmslos allen Seiten gewürdigten Klassiker fabrizierte. Der startet standesgemäß mit einer der nicht gar wenigen Abrechnungen mit der britischen Krone durch Morrissey, die insbesondere deswegen überzeugt, weil sie in makelloser Form die aggressive Tonart des Vorgängers Meat Is Murder mit der Melodieseligkeit des Debüts verbindet, Johnny Marrs Riffs ungewohnt kratzig und roh erklingen lässt, dazu den herrlichen Bass wohlverdient prominent platziert. Ein Fest auf allen Ebenen.

345.

 

Der Sonne Entgegen

 

Ludwig Hirsch

 

Zartbitter
1980

Ludwig Hirschs vor allem in seinen frühesten Tagen nicht enden wollende Abstiege in die Niederungen der heimischen Gesellschaft, in die Abgründe der österreichischen Seele führten ihn fast zwangsläufig auch in längst vergangene, aber ideologisch nachwirkende Kriegstage. Und so hat er hier den wieder aufkeimenden oder nie gestorbenen Rechtsextremismus angeprangert, dort wiederum einen tieftraurigen und doch irgendwie lakonischen Blick zurückgeworfen in diese Zeit. Letzteres passierte in aller Kürze in Der Sonne Entgegen, das ohne seinen archetypischen, hintergründigen Humor auskommt, gerade deswegen aber in sehr reduzierter Form umso eindringlicher gerät und mit den Zeilen "Du, zum Grollen und Rollen vom Donner / Sagen's auf einmal wieder Musik / Und das Amen im Vater unser / Haben's wieder ersetzt durch das Wort Sieg" einen der Höhepunkt von Hirschs Lyrik bereithält.

344.

 

Hollywood Forever Cemetery Sings

 

Father John Misty

 

Fear Fun
2012

Josh Tillman a.k.a. Father John Misty hat ein unbestreitbares Talent für den Brückenschlag zwischen Ernst und Humor, zwischen schwergewichtiger Botschaft und skurrilem Witz. Hollywood Forever Cemetery Sings darf musikalisch wie textlich getrost in zweitere Kategorie eingeordnet werden. Als wuchtig dahinstampfender, an die Black Keys erinnernder und fast psychedelischer Rock, ist es allein deswegen ein hinreichend lustiger Ausflug für einen, der hauptsächlich als melancholischer Singer-Songwriter Bekanntheit erlangt hat. Breitet sich darüber aber noch sein wenigstens vage bleibender Text rund um die merkwürdige Liebschaft und deren den Friedhof betreffende sexuelle Vorlieben aus, ist der Skurrilität ausreichend Genüge getan und man findet sich im selten so gut wirkenden Zustand verstörter Unterhaltung wieder, ohne zu wissen, ob dafür jetzt die schwer zu deutenden Zeilen oder doch eher dieses absurd monotone klangliche Erlebnis verantwortlich ist.

343.

 

Man In Black

 

Johnny Cash

 

Man In Black
1971

Anfang der 70er kommerziell auf seinem Höhepunkt als Musiker wie als TV-Star angekommen, wurde Johnny Cashs gesellschaftskritische Stimme, die schon in den 60ern oft genug zu hören war, einmal mehr laut und erreichte damit eher weniger zum Vergnügen Richard Nixons sogar wenig später das Weiße Haus. Man In Black - ursprünglich als Spitzname für Cash nur seinem zunehmend gänzlich in Schwarz gehaltenen Bühnenoutfits gewidmet - wurde zu einem seiner wichtigsten musikalischen Statements und machte die schwarze Kleidung zum Trauergewand für die Armen und Schwachen des Landes, für die zu früh Verstorbenen und die Diskriminierten. Geworden ist daraus ein wehmütiger Blick auf die Gesellschaft um ihn herum in einem Stil, der abgesehen vom leichten Country-Einschlag durchaus auch dem sehr frühen Bob Dylan gerecht geworden wäre.

342.

 

Science/Visions

 

Chvrches

 

The Bones Of What You Believe
2013

Mit ihrem Debüt umgehend zu einem der lebendigsten und wohlklingendsten Vertreter des modernen Synth Pop geworden, haben Chvrches insbesondere auf ihrem ersten Album die Verbindung ihrer pulsierenden Elektronikgebilde mit der unwiderstehlichen Anziehungskraft von Frontfrau Lauren Mayberry, deren textlicher Mehrdeutigkeit und ihrer hohen Stimme zu Gold gemacht. Science/Visions unter all den starken Songs, die diese Kombination hervorgebracht hat, der wohl kälteste und anorganisch klingendste, prägt sich aber gerade wegen seines drückenden Härte und hypersynthetischen Machart umso mehr als Kontrast zu den emotionaleren Momenten des Albums ein und rückt das Trio kurz in die Nähe von The Knife und Konsorten. Es sollte eher kein Wegweiser für die Zukunft der Band sein, umso wertvoller sind die paar Minuten aber als singulärer Ausritt.

341.

 

Watercolour

 

Pendulum

 

Immersion
2010

Ursprünglich der britischen Drum'n'Bass-Szene entstiegen, entwickelte sich die in Australien gegründete Band Pendulum bis zu ihrem zwischenzeitlichen Ende in zunehmend vielfältigeres Terrain. Einem aufgestockten Line Up war eine Annäherung an den Rock zu verdanken, die erst auf der dritten LP einigermaßen verdauliche, da dann aber auch zeitweise wirklich verdammt gute Resultate brachte. Leadsingle Watercolour wurde zum größten Charterfolg der Band und Flaggschiff ihrer starken Seite, fand nach lange anschwellendem Intro zwar zuerst einen von Rob Swires elektronisch unterstütztem Gesang dominierten Part, entwickelte sich aber alsbald zu einem merkwürdig effektiven Amalgam aus Drum'n'Bass, Rock und House-Elementen, dessen dramatischer Aufbau ein einsamer Glanzpunkt in der Karriere der Band geblieben ist.

340.

 

Any Time At All

 

The Beatles

 

A Hard Day's Night
1964

Es waren die frühen Tage der Fab Four und damit eine Zeit, in der das berühmteste Quartett der Musikgeschichte primär ein unbeschreibliches Massenphänomen, ein multimedialer Tsunami in der Popwelt war. Die künstlerische Ambition erreichte inmitten kreischender Fanmassen und konstanter Hitlieferungen zwar definitiv noch nicht die höchsten Höhen, trat aber auf A Hard Day's Night doch sehr prägend in Erscheinung, als mit dem Soundtrack zum Film gefühlt erstmals ein Album um des Albums Willen geschaffen wurde und die klangliche Präzision einen spürbar wichtigeren Platz einnehmen durfte. Während die kritische Würdigung dessen im Songformat insbesondere dem Titeltrack zuteil wurde, fand mit Any Time At All ein Highlight der LP nicht einmal seinen Weg auf die US-Version des Albums. Lennons halb geschrieener Text und Harrisons geschmeidiger und doch im Refrain prägnant anklingender Riff machen diese Schmach aber mehr als wett und sorgen für einen der finalen Form dieses simplen, für die frühen Beatles prägenden Songformats verdammt nahen Moment.

339.

 

Zombie

 

The Cranberries

 

No Need To Argue
1994

Eigentlich dem Dream Pop entstiegen und ihm Zeit ihres Bestehens immer recht nahe, war der erinnerungswürdigste Auftritt der Cranberries einer, der nicht so wirklich in dieses Schema passt. Mit Zombie näherten sich die Iren dem Grunge an, paarten Dolores O'Riordans eigentlich butterweiche Stimme plötzlich mit röhrenden, drückend schweren Riffs, die ihre Sprünge zwischen abgehacktem, gepresstem Gesang und fast flehenden, langgezogenen Noten perfekt unterlegen. Der als Reaktion auf Attentate der IRA und die wieder aufflammenden irisch-britischen Konflikte geschriebene Song wurde so ironischerweise zum mit Abstand eindringlichsten, nachhallendsten emotionalen Moment, den die Cranberries geschaffen haben, obwohl ihr Geschäft eigentlich gerade gefühlvolle Songs waren.

338.

 

Killer Kaczynski

 

Mando Diao

 

Ode To Ochrasy
2006

Schwedens wichtigste Indie Rocker waren Mitte der 00er-Jahre auf der Jagd nach ihrem eigenen Magnum Opus und je nach Lesart wurde es mit Ode To Ochrasy gefunden oder nicht. Jedenfalls hat die Band das Kunststück zu Wege gebracht, wirklich so ziemlich jedermann etwas auf dem Album bieten zu können, seien es rockige Gassenhauer, akustische Träumereien, kitschige Balladen oder eben dieser kurze, knackige, ewig taufrische und mitreißende Garage-Punk-Ausbruch Killer Kaczynski, der in manischem Höchsttempo einmal quer durch die Gehörgänge pflügt, dabei mit seinen galoppierenden Drums und den kratzigen Riffs ein bisschen auf dem Trommelfell herumtrampelt und sich genauso schnell wieder mit ein paar Bläsern und durchgeknalltem Geschrei ins Nirvana verabschiedet. Herz, was willst du mehr?

337.

 

I'm Still Standing

 

Taron Egerton

 

Sing: Original Motion Picture Soundtrack
2016

Taron Egerton hat ein in der Filmwelt wohl einzigartiges Kunststück fertiggebracht, indem er innerhalb weniger Jahre  für den Animationsfilm Sing einen Song aus der Feder Elton Johns neu vertonen durfte, wenig später mit ihm gemeinsam vor der Kamera stand und zu guter Letzt John in dessen Filmbiografie "Rocketman" verkörpern durfte. Dass die erstklassige Reinterpretation von I'm Still Standing durchaus ein Argument für die spätere Besetzung als der britische Singer-Songwriter höchstselbst gewesen sein dürfte, liegt allzu nahe. Und in Anbetracht dessen, dass es Egerton nicht nur schafft, John stimmlich nahe genug zu kommen, sondern der Song dank der Beseitigung jeglicher Erinnerungen an den 80ern geschuldete Soundverfehlungen gleich besser anklingt als das Original, scheint es eine durchaus legitime Ehre für den Schauspieler zu sein. I'm Still Standing bleibt auch nach all dem das Beste, was herausgekommen ist, wann immer sich die Wege von Taron Egerton und Elton John gekreuzt haben. Das ist ja aber nun kein Beinbruch.

336.

 

Schism

 

Tool

 

Lateralus
2001

Die zunehmend abenteuerlich geratenen progressiven Metalexzesse von Tool fanden in Schism eine würdige Repräsentation als Single. Geprägt von den für die Band so typisch gewordenen häufigen Taktsprüngen, von Maynard James Keenans schwierig zu dekodierenden, in die Philosophie eintauchenden Texten und der unbequem düster brodelnden Musik, ist die Leadsingle ein Song, der es meisterlich schafft, die Brücke zwischen dem Unkonventionellen und der Bekömmlichkeit zu schlagen. So ist es ein herausforderndes und doch zum Eintauchen in dieser dichten, absorbierenden Atmosphäre einladendes Gebilde, das durch sein bemerkenswertes Video wieder umso schwieriger zu verarbeiten wird, gleichzeitig aber mit dem wohl besten Refrain der Bandgeschichte gesegnet ist. Man sieht, es ist nicht so ganz einfach und definitiv nie unkompliziert mit der Band. Aber ein Erlebnis, das Spuren hinterlässt, ist es.

335.

 

Dark Necessities

 

Red Hot Chili Peppers

 

The Getaway
2016

Todgesagte leben länger und so waren auch die Chili Peppers plötzlich wieder zu gebrauchen, nachdem der zweite - und mittlerweile ohnehin wieder rückgängig gemachte - Abschied von John Frusciante eine gigantische Lücke in die Band gerissen hatte. Josh Klinghoffer füllte sie zuerst eher notdürftig, konnte nie so ganz die Fülle an Ideen und Eindrücken, die Frusciante beigesteuert hat, ausgleichen. Auf The Getaway und da insbesondere Dark Necessities ist das deswegen höchst nebensächlich, weil die Band plötzlich wieder so harmonisch und in ihrer Mitte klingt wie seit By The Way nicht mehr. Man ist wieder ruhiger, was auch und vor allem der Produktion durch Danger Mouse zu verdanken ist, der dem Album einen geschmeidigen, samtweichen und abgerundeten Klang verleiht, den die Band, ihrer funkigen Anwandlungen und ihrer Energie eher beraubt, bitter notwendig hat. Da fügt sich dann eines perfekt ins andere und es kommt so ein herrlich harmonisches, vielseitiges und doch klanglich einheitliches Ganzes heraus.

334.

 

Burli

 

EAV

 

Liebe, Tod & Teufel
1987

Die mit Blick auf ihr gesamtes Wirken kaum überhaupt halb ernstzunehmende Spaßkapelle namens EAV hatte im Laufe der Jahrzehnte genug Zeit, um irgendwann doch noch den Eindruck zu erwecken, man hätte es mit ernstzunehmenden Protagonisten zu tun. Gelungen ist es nie so wirklich, wobei bis heute dahingestellt bleibt, ob Klaus Eberhartinger, Thomas Spitzer und Co. das wirklich je zum Ziel hatten. So oder so, mit guten Alben hatten es die Österreicher nie wirklich, sie man von einer kurzen Phase in den frühen und mittigen 80ern ab. Diese war zwar schon beendet, bevor Liebe, Tod & Teufel auf die Welt losgelassen wurde, der eindeutige Glanzpunkt ihres Schaffens ist dennoch darauf gelandet. Burli, diese herrliche Abrechnung mit der Atomkraft, die erst bei Liveauftritten um ihre wichtigste Strophe erweitert wurde, schaffte es, in Deutschland dem Boykott mancher Radioanstalten zum Opfer zu fallen, ist ein Ohrwurm vor dem Herren, aber vor allem großartig absurde Gesellschaftskritik.

333.

 

7 And 7 Is

 

Love

 

Da Capo
1966

Der etwas verschlungene Weg von Arthur Lee und seiner Band zum psychedelischen Pop und dem Summer of Love führte sie über Da Capo und damit eine wunderbar widersprüchliche LP, deren wichtigster Moment mit so wenig typisch für Love ist, wie es nur geht. Urplötzlich reißt man da explosiv an und marschiert von den rastlosen Drums und rauschenden Riffs angetrieben dahin in einer Manier, die damals irgendwo zwischen The Who und Velvet Underground Platz hat, protopunkigen, energischen Rock darstellt, in dem Lees vor allem auf nachfolgenden Alben oft so sanfte Serenaden singende Stimme sich bellend fast selbst überschlägt. So gut klingt das, dass man ein bisschen nachdenklich wird, was denn da hätte werden können, wenn das die Richtung gewesen wäre, in die sich die Band weiterentwickelt hätte.

332.

 

Pilgrimage

 

R.E.M.

 

Murmur
1983

Das denkwürdige Debüt von R.E.M., das die Band in Windeseile zu einem führenden Vertreter des College Rock und der in den 80ern im Untergrund schwelenden Reservoirs herausragender Rockmusiker machte, ist vollgepackt mit Songs, die man in Erinnerung behalten sollte. Die Auswahl des Stücks, das da als Leuchtturm gelten soll, ist dementsprechend keine ganz leichte und fällt doch sehr sicher auf Pilgrimage, das den Vorteil hat, mit seiner unvergesslichen Klaviermelodie und der Stop-and-Go-Strophen von Beginn weg einen angespannten Kontrast zu den jangelnden Refrains zu finden. Diese auseinanderdriftenden Stimmungsbilder sorgen für einen ganz eigenen Eindruck, den der Song hinterlässt, während Michael Stipe, ganz er selbst, halbverständlich und kryptisch dahinsingt.

331.

 

1969

 

The Stooges

 

The Stooges
1969

Die Urpunker schlechthin waren zwar zu Zeiten ihres Debüts zwar noch spürbar in den 60ern und damaligen musikalischen Strömungen verwurzelt, fanden aber dennoch zeitweise eine verrohte, kompromisslose, ungeschönte Energie, die damals ihresgleichen suchte. 1969 ist das beste derartige Statement, eröffnet das Album und damit die kurze, intensive und verdammt einflussreiche Schaffensphase der Band. Das Kunststück gelingt deswegen so eindrucksvoll, weil die voluminösen, wuchtigen Drums sich in wunderbar abweisender Manier mit den rauen Riffs und den monotonen Claps paaren, auch dann noch deutlich herausstechen, wenn Ron Asheton seine Gitarre in zunehmend formloser Manier ausschweifen lässt und einen Distortion-Exzess vom Feinsten probt, dem Iggy Pop nur sein lapidares "It's 1969, baby" überstülpt.

330.

 

Channel Z

 

The B-52's

 

Cosmic Thing
1989

Ihre hohe Zeit war eigentlich schon vorüber, als die B-52's in den ausklingenden 80ern plötzlich wieder auf der Bildfläche auftauchten und ihre größten Erfolge feierten. Den Schicksalsschlag des Todes von Gitarrist Ricky Wilson hatte man einigermaßen überwunden und so entstand ein Album, das zwar ohne dessen oft prägende, zwischen Funk und Surf Rock oszillierende Einlagen auskommen musste und ruhiger als viele frühere LPs geriet, aber trotzdem noch die quirlige, komplett verquere Energie der Band bereithielt. Einmal klingt es dann auch wirklich wie in den besten Tagen, taufrisch, hemmungslos und erstklassig absurd, irgendwie sinnlos und doch unfassbar großartig, weil einfach so unterhaltsam. Channel Z vereint mit seinem zum Niederknien einladenden Riff, seiner zum Tanzen zwingenden Bassline und dem schrillen Zusammenspiel von Fred Schneiders Sprechgesang und dem um ihn herum ausufernden Gesangsduo Kate Pierson und Cindy Wilson alles, was die Band kann und wofür sie in einzelnen Momenten zu verehren ist.

329.

 

Colourless Colour

 

La Roux

 

La Roux
2009

Rückblickend ist da eher kurzfristig ein Potenzial aufgeflackert, als dass es je voll ausgeschöpft worden wäre. Doch La Roux und ihr Debüt - beziehungsweise präziser nur dessen erste Hälfte - waren ein schillerndes Lebenszeichen eines offen an die 80er andockenden Synth Pop, ohne dabei sinnlos oder kitschig auszuarten. Stattdessen strömte eine gleichermaßen angriffige, dezent laszive und doch unterkühlte Aura aus den Songs, die mit Bulletproof einen würdigen Hit fanden, eigentlich aber mit Colourless Colour den Gipfel des damit Möglichen erreicht haben. Ein paar unablässig pulsierende, in musikalischen Neonfarben leuchtende Minuten sind es, die Ben Langmaid rein synthetisch rund um die Drum Machine zusammengebastelt hat und inmitten derer sich Elly Jackson mit ihrer multigetrackten Falsettstimme ausbreitet. So und nicht anders gehört das, auch wenn schon da ganz schnell klar wurde, dass der Bewegungsradius der Britin und dieses Sounds kleiner ist als der eines Goldfisches im Glas.

328.

 

The Battle

 

Hans Zimmer

 

Gladiator
2000

Die Allzweckwaffe Hollywoods, wenn es um großspurige, episch ausufernde, oft auch kitschige Soundtrackarbeiten geht. Hans Zimmers Omnipräsenz hat so manche Liebhaber der Filmmusik nachhaltig verärgert und abgeschreckt. Ganz verhindern kann sie allerdings nicht, dass man dem Deutschen ein Talent für einige seiner ureigenen Domänen zugestehen muss. Primär sind es die kaum enden wollenden, mitunter in zweistellige Minutenlänge ausartenden Suiten, die er geprägt hat und die ihn ins beste Licht rücken. Allen voran hat das The Battle geschafft, die dahingehend eindrucksvollste Komposition, die er zum Historienepos Gladiator beigesteuert hat. Es ist ein für Zimmer typisches Ausufern, ein langgezogenes Auf und Ab, in dem sich zwischen melodramatischen Streicherpassagen und langsamem Aufwallen in Richtung Klimax die wuchtigen Trommeln, die Blechbläser und hektische, dramatisch abgehackte Streicher darum duellieren, wer eigentlich im raumfüllenden Setting den Ton angeben darf. Niemand eigentlich, dafür dominiert all das zu gleichberechtigt in einer hemmungslos übersteigerten, aber auch bildgewaltig majestätischen Form, wie sie sonst keiner hinbekommt.

327.

 

Crystalised

 

The xx

 

xx
2009

Weil der erste Eindruck zählt, haben auch die britischen Indietronica-Bastler von The xx ihr Meisterwerk gleich ganz zu Beginn veröffentlicht. Der in aller Schnelle ermüdende Sound der Band rund um Jamie xx wurde auf der Leadsingle in einer dermaßen formvollendeten Art dargeboten, dass dem Zusammenspiel aus dumpf galoppierendem Beat, spröden Riffs und im die Szenerie dominierenden Nichts verhallenden, kargen Zupfern an der Gitarre nicht zu entrinnen ist. Die im Duett singenden Romy Madley Croft und Oliver Sim sollten zwar in anderen Momenten wieder und wieder beweisen, dass die limitierten gesanglichen Fähigkeiten auch die Anziehungskraft der Songs als Ganzes beeinträchtigen. Hier sind sie aber in ihrem idealen Zusammenwirken und der harmonischen Zurückhaltung perfekt eingebaut, um den schüchternen, emotional ambivalenten, verträumten Sound der Band zu transportieren.

326.

 

Got The Life

 

KoRn

 

Follow The Leader
1998

KoRn dürfen noch ein zweites Mail und zwar hier mit einer Single, die nicht grundlos eher zögerlich von der Band zum Release auserkoren wurde. Zum tanzbarsten Song der Band wurde sie einmal gekürt, zu verdanken einer auch im Nu Metal eigentlich undenkbaren Kombination aus Drums und Bass. Der charakteristisch tief gestimmte, dynamische, funkig vibrierende Auftritt von Bassist Fieldy trifft da schon im Intro auf einen Beat, der offensichtlichst in Disco-Sphären abdriftet und so für einen atmosphärischen Bruch sorgt, der skurriler nicht sein könnte. Dementsprechend ist der ganze Song durch seine Sprünge zwischen den erratischen, hektischen Strophen und dem unüberhörbaren Drum-Bass-Paarlauf in den Refrains ein eher unwirkliches Gemisch, der für ein merkwürdig zuwiderlaufende Eindrücke sorgt, vor allem aber ewig im Gedächtnis bleibt.


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