A MusicManiac's Top 500 Songs

Nach fast acht Jahren als MusicManiac und noch ein paar mehr der Beschäftigung mit Musik wird es Zeit für einen unzureichenden Versuch eines musikalischen Fazits. Natürlich kommt es, typisch für diesen MusicManiac, in ausufernder Listenform und kürt die verwegene Zahl der 500 als beste befundenen, liebgewonnensten und geschätztesten Songs.
Das eher irrsinnige Ausmaß der Liste, die stilistische Bandbreite der Songs darin und die Wankelmütigkeit im Urteil sorgen dafür, dass auch alle Sorgfalt bei der Erstellung nichts daran ändert, dass sie weder vollständig, noch für mich als Ersteller ultimativ zufriedenstellend oder richtig wirkt. Um den Titel der Liste und ihre Aussagekraft noch weiter zu untergraben, sei auch gleich angemerkt, dass sich unter viele, viele wirkliche Songs auch einige klassische Kompositionen und Soundtrackstücke mischen und ihren wohlverdienten Platz bekommen.

 

Deswegen sei gesagt, dass man diese Liste schon ein bisschen, aber tunlichst nicht zu ernst nehmen darf, sondern man viel eher ein bisschen stöbern, die Musik genießen, Spaß haben, überrascht sein, sich wundern sollte. Für Aufregung, Fragen zu meinem Geisteszustand, Beschwerden über die einen Songs und Jubelstürme wegen anderer ist aber natürlich trotzdem immer in den Kommentaren Platz.

Also dann, rein in Part 5 unendlichen Liste!

 


400.

 

No One Knows

 

Queens Of The Stone Age

 

Songs For The Deaf
2002

Waren die 00er-Jahre auch nicht die Dekade des Rock, gab es immerhin ein paar, die dem Genre alle Ehre machten. Die Queens Of The Stone Age zählten in ihrer immerwährenden personellen und stilistischen Wechselhaftigkeit dazu. Insbesondere gilt das für jene Tage, in denen sich zur einzigen Konstante der Band, Frontmann und Mastermind Josh Homme, auch ein gewisser Dave Grohl an den Drums gesellte. Der war zwar in den Post-Nirvana-Tagen mit den Foo Fighters eher zum Teilzeit-Trommler geworden, aber dennoch eine wichtige Stütze auf einer LP, die dem kernigen Stoner Rock frönte. No One Knows ist dabei Dreh- und Angelpunkt der straighten Rockseite der Band, marschiert mit seiner bereits nach 10 Sekunden auf ewig eingebrannten Hook unveränderlich und unaufhörlich dahin. Und weil der kräftig dröhnende Refrain genau zum richtigen Zeitpunkt kommt, wird einem das nicht einmal im Allergeringsten langweilig.

399.

 

The A Team

 

Ed Sheeran

 

+
2011

Ich gebe zu, es ist eine dezent - a.k.a. gewaltig - fragwürdige Personalie für eine solche Liste, betrachtet man den nunmehr angesammelten Kanon des Briten mit dem roten Haar. Während er aber mit den Jahren immer mehr in einem Amalgam aus fragwürdigen musikalischen Vorlieben, Gehversuchen in R&B und Hip-Hop und einem sich stetig vergrößernden Schwarzen Loch der Inhaltslosigkeit versunken ist, war da ganz zu Anfang dieser unverhofft erfolgreichen Karriere ein höchst stimmiges Potenzial hörbar. Kitschig und verweichlicht zwar, aber groß genug, um direkt mit der allerersten Single das Beste aus seiner samtweichen Stimme und seinem damals alles andere als exzentrischen Folk Pop herauszuholen. Und weil The A Team sich darüber hinaus an verdammt schwierige und wenig berauschende Themen wagt, nämlich Drogensucht und Prostitution, kommt etwas derart Starkes heraus, dass man nur zehn Jahre später absolut keine Verbindung mehr zum heutigen Ed Sheeran herstellen könnte.

398.

 

Mildred Goes To War

 

Carter Burwell

 

Three Billboards Outside Ebbing, Missouri
2019

Nicht zu Unrecht von vielen Seiten als eines der großen filmischen Meisterwerke der letzten Jahre angesehen, ist dank der Arbeit von Carter Burwell, seinerseits Haus- und Hofkomponist der Coen-Brüder und an nahezu allen deren Filmen beteiligt, auch die musikalische Qualität gesichert. Mildred Goes To War mag mit seinen gerade mal eineinhalb Minuten nur ein sehr kurzer Beleg dafür sein, ist aber in Kenntnis des Films ein umso überzeugenderer. Es erscheint relativ unmöglich, den tieftrauigen emotionalen Kern, die daraus erwachsende kompromisslose, unerbittliche Kampfeslust von Hauptfigur Mildred Hayes und die darüber gestülpte ländliche Tristesse besser in einer Komposition zu komprimieren als das hier passiert.

397.

 

Flowers Never Bend With The Rainfall

 

Simon & Garfunkel

 

Parsley, Sage, Rosemary & Thyme
1966

Die selig-sanften Barden des 60er-Folk waren mit ihrer dritten LP an einem Scheidepunkt angelangt, an dem die klangliche Einfachheit der vorangegangenen Alben noch spürbar, die noch folgenden musikalisch mutigeren Jahre aber genauso schon am Horizont zu sehen waren. Dementsprechend darf von mehr Varianten, von mehr Leben in diesen Kompositionen die Rede sein. Und auch von einer geschmeidigen Harmonie, die die Band zwar immer ausgezeichnet hat, aber in einem unbeschwert klingenden Up-Tempo-Stück wie Flowers Never Bend With The Rainfall noch einmal besonders heraussticht.

396.

 

Queen Anne's Revenge

 

Flogging Molly

 

Within A Mile Of Home
2004

Zwar waren die Tage der punkigen Seite von Flogging Molly zumindest schon angezählt, als man 2004 mit Within A Mile Of Home äußerst durchwachsen Joe Strummer und Johnny Cash gleichzeitig huldigen wollte. Für Queen Anne's Revenge als die am wuchtigsten stampfende Pub-Hymne der Band war dennoch Platz. Vielleicht ist es auch gerade deswegen, weil das auf dem Album eher die Ausnahme darstellt, ein umso größerer Gewinn, wenn in gewohnter Manier ein durchdringend kraftvolles Folk-Punk-Feuerwerk gezündet und dem Flaggschiff des Piraten Blackbeard ein Ständchen gesungen wird.

395.

 

Archangel

 

Two Steps From Hell

 

Archangel
2011

Einerseits ist die Domäne des in Kalifornien sitzenden, aber doch britisch-norwegischen Duos von Two Steps From Hell ohne Zweifel die kitschig übersteigerte Epik. Andererseits braucht es das wohl auch ziemlich sicher, wenn man sich darauf spezialisiert, klassische Musik zu komponieren, deren hauptsächlicher Zweck der Einsatz in Filmen und insbesondere Trailern ist. Geht es darum, einen innerhalb weniger Sekunden zu packen, verstehen die beiden jedenfalls ihr Handwerk und haben im Falle von Archangel etwas kreiert, das in seiner bombastischen Machart alles aus einem Orchester und Chor herausholt, was sich dort an dramatischer Epik herausholen lässt.

394.

 

Across The Line

 

Linkin Park

 

LP Underground 9.0
2009

In einem Versuch, den eigenen Fans ein regelmäßiges Extra bieten zu können, schufen Linkin Park bereits relativ bald nach ihrem Durchbruch die LP Underground Serie, in der für Mitglieder des gleichnamigen Fanclubs Demos, Liveaufnahmen und verworfene Songideen veröffentlicht wurden. Gerade in der Zeit des so durchschnittlichen Minutes To Midnight ist es den US-Amerikanern gelungen, mit Across The Line einen ihrer besten Songs von der Tracklist zu streichen und ihn zu einem Schattendasein auf der LP Underground 9.0 EP zu verdammen. Immerhin durfte man ihn aber überhaupt mitbekommen, ansonsten wäre ein Track, der trotz einer klanglichen Einfachheit, die definitiv seinem Status als verworfenem Material zuzuschreiben ist, in Sachen atmosphärischer Intensität nichts zu wünschen übrig lässt, gleich gar nicht in die Welt entlassen worden.

393.

 

Exhuming McCarthy

 

R.E.M.

 

Document
1987

Dem kommerziellen Durchbruch auf den Fersen, waren R.E.M. Ende der 80er ja gleichzeitig an einem Punkt angelangt, als politische Statements direkter denn je wurden. Exhuming McCarthy ist als Abrechnung mit dem unter Ronald Reagan eine Renaissance erlebenden Nationalstolz und dem ebenso wieder auflebenden und umso durchdringender werdenden konservativen Geist dieser Tage eines der besten Beispiele dafür. In klassischer Manier für die Band um Michael Stipe ist es aber genauso ein eingängiger, fast locker anmutender Pop-Rock-Song, dem man seine gewichtige, wütende Botschaft kaum anmerkt. Das Ergebnis ist ein Volltreffer auf nahezu allen Ebenen.

392.

 

The Greenest Grass

 

Joshua Radin

 

Underwater
2012

Auf den ersten Blick wohl nur einer von vielen durch die Welt tingelnden Folk-Pop-Künstler, hat Joshua Radin es immerhin geschafft, mit "Whisper Rock" eine Art eigenes Genre zu kreieren und sich selbst in diesem zu platzieren. Dass seine Musik mit Rock etwas zu tun hätte, ist zumindest in seinen besseren Momenten nur sporadisch zu spüren. Das Flüstern hat er mit seiner butterweichen Stimme aber genauso drauf wie hier und da einen unscheinbaren, gefühlvollen Song zu schreiben, der aus jeder Masse heraussticht. The Greenest Grass ist ein solcher, weil er das auf Underwater gefundene Gespür für ein Streicherarrangement zu seinem akustischen Folk Pop perfekt einsetze, vor allem aber wegen der perfekten stimmlichen Harmonie von Radin mit seiner weiblichen Gastsängerin und dem unverstellten Romantik, die so eine Ode an die Liebste aus seiner Feder bereithält.

391.

 

Like A Prayer

 

Madonna

 

Like A Prayer
1989

Aller Wandlungsfähigkeit, allen künstlerischen Neuerfindungen und Ideen zum Trotz, ist die Genialität von Madonna eine, die sich auf eine überschaubare Zahl an Songs konzentriert. Like A Prayer ist ohne den allergeringsten Zweifel einer davon, vielleicht sogar der erste von dieser Sorte. Textlich auf erstklassige Art mehrdeutig, ist es darüber hinaus aber viel eher ein klanglicher Triumph. Das zwar weniger auf melodischer Ebene, dafür mit den wiederholten stilistischen Brüchen zwischen dem von Chor und Orgel unterstützten, hymnischen Gospelteil und dem dezent funkigen Pop-Counterpart, der sich anfangs unbeschwert tanzbar gibt. Als Sahnehäubchen wird das dann in der zweiten Songhälfte noch so reibungslos miteinander verwoben, dass es handwerklich gar nicht besser ginge.

390.

 

Warlord

 

Antonio Pinto

 

Lord Of War
2005

Manchmal reicht auch einfach eine Gitarre. Bei einem zwar definitiv vom düstersten denkbaren Humor lebenden, im Kern aber dennoch wegen seiner realen Basis unbequem traurigen Film wie Lord Of War ist das zumindest zeitweise definitiv so. Die ganze endzeitliche, triste, erdrückend hoffnungslose Aura des Films rund um den internationalen Waffenhandel wird von Antonio Pinto insbesondere in der ersten Hälfte von Warlord in karge Akustikzupfer gepackt, die tatsächlich mit den aufwallenden Streichern etwas an Eindruck verlieren, insgesamt aber nichtsdestotrotz atmosphärisch genau das einfangen, was man im Angesicht des Films will und auch wieder nicht.

389.

 

Welcome Home (Sanitarium)

 

Metallica

 

Master Of Puppets
1986

Auf dem steinigen Weg hin zu einem unbestreitbaren Übermaß an epischer, ausschweifender Dramatik und Härte machten Metallica bei Master Of Puppets Halt und damit bei einem Album, das als Meilenstein des Thrash Metal wohl die Zeiten überdauern wird. Auch mitverantwortlich dafür ist Welcome Home (Sanitarium), das auf Basis von One Flew Over The Cuckoo's Nest den ungewollten Aufenthalt in einer Psychiatrie zu einer unheilvoll schwelenden Ballade macht, deren atmosphärische Wirkung im richtigen Moment Skalen sprengt und die, ähnlich wie kurz zuvor Fade To Black, auf klassisch unwiderstehliche Metallica-Art sphärisch-emotionale, bluesgefüllte Ruhe mit brachialen Thrash-Passagen paart.

388.

 

Devil In A Midnight Mass

 

Billy Talent

 

Billy Talent II
2006

Billy Talents zweites, nach ihnen selbst benanntes Album ist ihr definitiver klanglicher Höhepunkt und bietet so manche Minute, die zum Genießen einlädt. Ob das so auch auf Devil In A Midnight Mass zutrifft, ist hauptsächlich deswegen streitbar, weil sich die Kanadier thematisch dem Kindesmissbrauch durch Priester widmen. Befeuert durch einen druckvollen Riff und Ben Kowalewicz auf seinem gesanglichen Höhepunkt ist es aber ein genauso explosiver, mitreißender Song wie auch ein unbequemer, auf beklemmende atmosphärischer.

387.

 

The Ballad Of Chasey Lain

 

Bloodhound Gang

 

Hooray For Boobies
2000

Ähm, ja, also... Die Chancen stehen ganz gut, dass dieser Song hier keinen Platz gefunden hätte, wäre er nicht in meinen Kindestagen auf die Welt losgelassen worden. Letztlich ist es aber der eine, einsame Moment, der als Existenzberechtigung für die Bloodhound Gang gelten darf und der alles vereint, was an dieser Band in irgendeiner denkbaren Form großartig ist. Eher schon eine Parodie des Nu Metal als eine wirkliche Variante dessen, trabt man mit wanddickem, rauschendem Riff dahin, versüßt einem gitarrentechnisch insbesondere den Einstieg in den Song gewaltig und spart sich textlich gleichermaßen jegliche Zurückhaltung wie auch die wirklichen Abgründe, die die Band abseits davon durchschritten hat. Stattdessen ist es der konkurrenzlose Höhepunkt dieses definitiv kindischen, definitiv vulgären und verdammt sexbesessenen, aber hier einfach zu genialen Humors, der die einzige gedankliche Leistung von Sänger Jimmy Pop zu sein scheint.

386.

 

Deathmental

 

Soap&Skin

 

Narrow
2012

Persönliche Schicksalsschläge provizierten nach einem in allen Formen triumphalen Debüt von Anja Plaschg a.k.a. Soap&Skin ein kargeres, abweisenderes zweites Album. Unter diesem Stern stehen insbesondere die eisig kalten, in knüppelharten Beats und abgehackten, klirrend-metallischen Elektronikklängen aufgehenden Momente der LP, darunter Deathmental. Dessen unmenschliche Aura überträgt sich in fast beunruhigender Art beim Anhören, erzeugt eine auf jeder Ebene unwirtliche, erdrückend brutale Atmosphäre, inmitten der Soap&Skins hohe Stimme emotionsarm, fast apathisch monoton erklingt.

385.

 

Broken Crown

 

Mumford & Sons

 

Babel
2012

Die Briten rund um Marcus Mumford haben zwar damals mit ihrer zweiten LP Babel und der dazugehörigen Single I Will Wait die Charts und Radio-Playlists monatelang in Beschlag genommen, in Wahrheit war das Album aber bereits eine Art Abgesang auf das, was zur Trademark der Band wurde. Der stets von der ruhigen akustischen Eröffnung zum finalen, raumfüllenden, pathetischen Klimax schreitende Folk Rock der Band war auf dem Debüt dank seiner atmosphärischen Qualitäten oft ein Genuss, wenig später zu viel des Guten und dazu verdammt, durch Repetition und einen Hang zum Kitsch anstrengend zu werden. Die eindeutigste Ausnahme war da Broken Crown, das mit seiner schwelenden Spannung in den ersten Minuten ideal für einen der kraftvollsten, energischsten Ausbrüche der Band zum Songende vorbereitet, in dem Mumford aus seiner sonst so sanftmütigen Stimme ein bisschen gepresst wütende Klänger hervorholt und ein ziemlich mächtiges Arrangement aus den klassischen, rustikalen Bauteilen rund um Banjo, Kontrabass und die Blechbläser unterstützt.

384.

 

Hallowed Be Thy Name

 

Iron Maiden

 

The Number Of The Beast
1982

Der Closer ihrer dritten LP ist eines der besten Beispiele dafür, dass mit der Ankunft Bruce Dickinsons gegen Ende des Jahres 1981 erst das ultimative Line Up für Iron Maiden gefunden war. Der Sound der Band gewann eine neue, hymnische Qualität, ließ variantenreichere Songstrukturen und schwierigere Gesangsparts zu. Hallowed Be Thy Name ist das eindrucksvollste Exemplar der dadurch möglich gewordenen Epen, die sich schwergewichtig durch die Landschaft walzen, dabei aber diverse Richtungsänderungen einbauen, von der spärlich instrumentierten, in den Fahrwässern von Hells Bells angesiedelten Eröffnung hin zu wuchtigem Galopp, sphärischen Riffgewittern und epischen Stimmeinsätzen.

383.

 

Higher Ground

 

Red Hot Chili Peppers

 

Mother's Milk
1989

Der Tragödie rund um den Tod von Gitarrist Hillel Slovak entsprang in bitterer Ironie ein neues Quartett, das relativ rasch den quintessentiellen Sound der Red Hot Chili Peppers formen sollte. Mit dem Auftritt von Drummer Chad Smith und insbesondere von Gitarrist John Frusciante wurden Türen geöffnet, an die vorher keiner gedacht hätte. Auf Mother's Milk bedeutete das mehr Vielfalt denn je und vereinzelt ein neues Härtelevel, das punkige und dem Metal nahe Qualitäten mitbrachte. Higher Ground bietet mit seinen kratzigen Riffwänden genau das, schafft es aber, als Cover des Stevie-Wonder-Songs trotzdem ein einziges großes Partymonster zu sein, das mit seiner erstklassig funkigen Bassline und dem mehrstimmigen Backgroundgesang von Freunden und Technikern, die am Album beteiligt waren.

382.

 

How To Save A Life

 

The Fray

 

How To Save A Life
2005

In einer Phase, in der dank Coldplay der Piano-Pop-Rock zu einem dominanten Phänomen wurde, waren The Fray zwar zur richtigen Zeit am richtigen Ort, gleichzeitig aber kaum speziell oder inhaltlich interessant genug, um längerfristig eine relevante Rolle zu spielen. Und so blieb es der über die Maßen erfolgreichen zweiten Single der Band vorbehalten, einen sehr frühen und sehr einsamen qualitativen Höhepunkt in ihrer Karriere zu markieren. How To Save A Life hat trotz der archetypischen Machart die Fähigkeit, sich dank des Texts und Isaac Slades wohl einziger erinnerungswürdiger Gesangsperformance um einiges tiefer einzugraben, als der Ersteindruck vermittelt.

381.

 

Cotton Fields

 

Creedence Clearwater Revival

 

Willy And The Poor Boys
1969

Wenigen Bands ist es eher zuzutrauen, einen alten Standard aus der Feder Lead Bellys zu einem erstklassigen Rocksong zu machen, als CCR. Den Beweis dafür hat man in der eigenen Hochphase mit Cotton Fields, das dem Folk entnommen und als kurzer Trip auf die Baumwollplantage zu einem geschmeidigen Southern-Rock-Exemplar wurde, dem selbstverständlich der unwiderstehliche Drive der besten CCR-Songs genauso anhaftet wie Fogertys unverkennbarer Gesang und doch auch eine unter der lockeren Gangart fast verschwindenden, bluesigen Schwermut. Diese Mischung macht daraus einen der langlebigsten Volltreffer der Band.

380.

 

Kathleen

 

Townes Van Zandt

 

Our Mother The Mountain
1969

Ewig melancholisch und romantisch, wurden diese Eigenschaften auf Our Mother The Mountain von Townes Van Zandt in gewisser Weise so intensiv dargeboten wie sonst nie wieder. Das ergibt nicht zwangsläufig seine besten Momente, aber doch einige, die da nahe herankommen. Allen voran trifft das auf Kathleen zu, das trotz der grenzwertigen, leicht kitschigen Unterstützung durch die Streicher einen Ausblick auf die zunehmend reduzierten und isolierter klingenden Songs der folgenden Jahre gibt. Doch auch ganz für sich ist es eine seiner feinsten Kompositionen, sehnsuchtsvoll und doch gewohnt hoffnungsarm, wie es sich für ihn als tragischen Loner mit der akustischen Gitarre gehört.

379.

 

Wintertraum

 

Hans Söllner

 

Wos Reimt Se Scho Auf Nicki...
1987

Während die Liste der definitiv nicht naheliegenden Interpreten, die hier Einzug finden, mit dem bayrischen Liedermacher ohne Stimmgewalt, dafür mit rebellischem Geist wieder einmal verlängert wird, bietet sich ein vehementes Plädoyer für diesen einen Song an. Den schwierigen, insbesondere in späteren Tagen prägenden Anwandlungen des Hans Söllner wird da entsagt. Stattdessen kommt ihm hier in eher untypischer Manier ein unumwunden melancholischer, gleichzeitig aber gewohnt unverstellter Moment aus, der als rein ihm und der akustischen Gitarre überlassener Song unerwartet gefühlvoll und atmosphärisch gerät.

378.

 

Leave Me Alone

 

Michael Jackson

 

Bad
1987

Für das der übertriebenen Inszenierung und Vorliebe für Show, Dramatik und ausschweifende Zurschaustellungen einer fragwürdigen Attitüde zumindest ein wenig zum Opfer gefallene Bad ist Leave Me Alone ein verdammt wichtiger, brillanter Schlusspunkt. Und doch ist eine dieser perfekt arrangierten, mit einer unschlagbaren Hook gesegneten Darbietungen des King of Pop schon fast zu schade für dieses Album, ist es doch der einzige Moment darauf, der mit Michael Jacksons größten Würfen anstandslos mithalten kann. Nicht zuletzt ist das der Tatsache zu verdanken, dass der sonst auf der LP mitunter aufgesetzt wirkende, schwierige "gritty" Charakter, der Jacko eben etwas "bad" wirken lassen sollte, in diesen Minuten dank der spürbar wütenden Abrechnung mit den sensationslüsternen Medien idealer nicht sein könnte, um ein Pop-Meisterwerk zu ergeben.

377.

 

Dancing

 

youthK Saeki

 

Dancing
2018

Wir wandern nach Japan, um dort einen zu finden, der sich zwar irgendwo im unendlich weiten Feld des Pop Rock herumtreibt, darin aber kaum eindeutig zu verorten ist. Was bei youthK Saeki schwierig gerät, ist immerhin bei einem einzelnen Song nicht gar so eine Herausforderung. Dancing ist eine dieser poppig-punkigen Momente, deren ureigene Aufgabe wohl, ganz dem Titel entsprechend, nicht mehr zu sein scheint, als einen zur Bewegung zu zwingen und einen damit nicht loszulassen, bis man mal nachgibt. Dank zündendem Riff, gehetztem Sprint durch die Strophen und einem Refrain, der kaum je wieder das Gedächtnis verlässt, gelingt das auch unweigerlich auf die bestmögliche Art.

376.

 

I'm Waiting For The Man

 

The Velvet Underground

 

The Velvet Underground & Nico
1967

Mitten in die Hochphase der psychedelischen und folkigen Wellen, die im gleichen Jahr auch den Summer of Love musikalisch begleiten sollten, platzte mit Velvet Underground und deren Debüt etwas, dem zwar nachträglich ein immenser Einfluss zugestanden wird, das aber eigentlich so nicht und nicht in die damalige Zeit passen wollte. Nichtsdestoweniger war es ein Einstieg, der gerade wegen seiner Kompromisslosigkeit und Natürlichkeit, die die Schirmherrschaft von Andy Warhol ermöglicht hat, unfassbar überzeugend sein konnte. I'm Waiting For The Man ist genau das, beeindruckt einen als irgendwie bizarres Amalgam aus kratzigem Gitarrengeschrammel, stetem Geklimper am Klavier und einem Hauch von Rhythm & Blues über unveränderlichen, harten Drums umgehend. Nicht möglich wäre das ohne den fast poppigen melodischen Kern des Songs und das Charakterorgan Lou Reeds, dessen rauer, unverfeinerter Halb-Gesang perfekt zum umgebenden Sound passt.


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