Panic! At The Disco - Death Of A Bachelor

 

Death Of A Bachelor

 

Panic! At The Disco

Veröffentlichungsdatum: 15.01.2016

 

Rating: 3 / 10

von Mathias Haden, 15.02.2017


Affinität für Bombast und Party-Sounds als einendes Element einer planlosen LP.

 

Na, das hat er jetzt davon, der blöde Urie. Ein knappes Jahrzehnt, nachdem seine Band über Nacht zum MTV-Dauerbrenner und der neuesten Pop-Punk-Sensation geworden war, steht er jetzt endgültig ohne diese da. Woran liegt's, Mr. Superstar? Naheliegend, alles auf die Schwachköpfe von Ex-Kollegen, den grünen Gentleman oder den Smog in Peking zu schieben. Den Fehler bei sich selbst zu suchen, kann freilich keine Option sein, nicht, wenn man so viel Charisma, Chuzpe und ein im wahrsten Sinne des Wortes großes Mundwerk unter einen Hut bringt. Die epischen Geschichten von der unglaublichsten Bandtransformation des 21. Jahrhunderts spare ich mir diesmal ebenso wie eine elaborierte Ursachenforschung dieser Entwicklung der doch auffälligen Mitgliederfluktuation, merke stattdessen nur kurz an, dass von den Panic! at the Disco, die sich einst mit Fall Out Boy einen erbitterten Zweikampf um die längsten und unsinnigsten Songtitel der Popmusik lieferten, unter diesem Namen tatsächlich nur mehr das bemitleidenswerte Einmannkabinett Brendon Urie übrig geblieben ist.

 

Mittlerweile matchen sich diese beiden Institutionen ja ohnehin nur mehr darum, wer den belangloseren Elektro-Schmonk unter die Leute bringt - und lauscht man erst dem aktuellsten Panic!-Album Death Of A Bachelor, wirkt eine Partei doch sehr bemüht, in diesem spannenden Duell einen Favoriten zu stellen. Genau genommen fängt dieser Gedanke schon dort an, wo Urie nackt vom Dach eines Hauses emporblickt - ergo am Plattencover des bereits fünften Albums unter dem Bandnamen. Dass der Rest der Grafik,  leicht hässliches Geschmiere, nicht minder beschissen aussieht wie er selbst, ist für mich letztlich aber genauso unerheblich wie der Umstand, dass die LP zum ersten #1-Album avancieren konnte, Urie letztlich doch alles richtig gemacht haben dürfte.

 

Stattdessen ist es der bombastische, synthüberladene Opener Victorious, der sogleich zum Nörgeln einlädt und unweigerlich die Frage aufwirft: reicht den beteiligten Herrschaften das? Involviert sein, das bedeutet wie wir wissen, von der Sache eine Ahnung zu haben. Diese Involviertheit ist es wohl, die mir gänzlich abgeht, um diese unmelodiösen, hyperventilierenden, mit seinen peinlichen Backgroundchants an die fiesen 00er Jahre und Party-Bands wie Cobra Starship erinnernden Schlachtgesänge zu verstehen:

 

"Tonight we are victorious
Champagne pouring over us
All my friends were glorious
Tonight we are victorious
Oh-oh-oh-oh, victorious
Oh-oh-oh-oh"

 

Eigentlich könnte man die Rezension hier guten Gewissens beenden. Denn das einzige Erkennungsmerkmal, das Death Of A Bachelor offeriert, ist diese "krasse" Affinität für laute, überdrehte und - ganz der Wiener Jugend entsprechend - zum Komasaufen einladende Party-Sounds. Richtig übel ist dahingehend auch Single Emperor's New Clothes, deren Kerrang-Nominierung für den besten Track des Jahres 2016 wohl mehr über den bemitleidenswerten Zustand des Rock aussagt, als über das redundante Käseblatt. Jedenfalls ist es immer ein schlechtes Zeichen, wenn eine Nummer so tief unter seinem drückenden Produktionsbombast begraben ist, dass man vom Gesang und einer potenziell einnehmenden Hook gar nichts mitbekommt. Mit Hip-Hop hat das trotz eines an die schlechteren Zeiten dieses Metiers angelehnten Beats und verzerrte Hintergrundstimmen auch nicht viel zu tun, obwohl sich in diesem Bemühen Uries wieder der Bogen zu den Weichbirnen von Fall Out Boy spannt. Synthetisch, opulent und verdammt billig.

 

Generell lässt Urie in dieser neuesten Inkarnation der "Band" das vermissen, was auch den schwächeren der vorangegangenen LPs eine gewisse Daseinsberechtigung eingeräumt hatte: Identifikation. War es am Debüt noch die tanzbare, zwischen Pop-Punk-Manie und elektronischer Unberechenbarkeit steckende Grundstimmung, der schwelgerisch nostalgische 60s-Sound mit Hang zur blumigen Exzentrik von Pretty. Odd. oder der Theaterbezug vom Vaudeville-Gedenkalbum Vices & Virtues - solch ein einendes Grundkonzept geht der neuesten LP komplett ab. Stattdessen würfelt der übrig gebliebene Entertainer einmal Larger-Than-Life-Hooks, die das gesamte Arrangement übertönen mit erdrückenden Synthwänden plus Hornsektionen, die seine Hooks übertönen, zusammen, sodass man fast annehmen könnte, Urie selbst wäre der planloseste unter den Panikmachern aus Las Vegas.

 

Glück hat er nur, dass auch blinden Hühnern ab und zu ein Körnchen in den Schoß fällt. In diesem Fall bedeutet das, dass sich auf dem Album immerhin zwei Cuts finden, die durchaus gelungen sind. LA Devotee vereint eine für die Verhältnisse der LP einigermaßen erträgliche Performance des stets aufgekratzten Sängers mit einem erfreulich mitreißenden Refrain und besser dosierten Synthspritzern. Der andere ist Closer Impossible Year, der sein Heil in ruhigeren Tönen sucht und findet. Obwohl Urie sich selbst und auch mir mit dieser vergleichsweise unaufdringlichen, auf seinen Gesang zugespitzten Bühne nichts Gutes tut, entfacht der organische Sound mit Klavier und Bläsern letztlich zumindest eine erfrischende Wirkung.

 

Wohl dem Umstand geschuldet, dass man dem halbwegs brauchbaren Ende mit späten "Highlights" eine vielleicht ungerechtfertigte Milde entgegenbringt, fällt die Endwertung nicht ganz so desaströs aus wie vermutet. Zeilen wie die erbärmliche Beach Boys-Referenz "She said you're just like Mike Love / But you want to (sic!!!!!!) Brian Wilson, Brian Wilson" aus dem unfassbar ätzenden Crazy=Genius vergisst man dadurch zwar genauso wenig, wie den undifferenzierten Krach der überwiegenden Mehrheit der Tracks, doch gönnt man Urie dank früherer Bemühungen den beeindruckenden Umschwung von Kesha-Gefilden in weich federndes Alkbottle- und ja, Cobra Starship-Terrain irgendwie schon. Mein Tipp: vielleicht dann doch die alten Kumpels wieder zusammentrollen.

 

Anspiel-Tipps:

- LA Devotee

- Impossible Year


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