The Black Keys - Attack & Release

 

Attack & Release

 

The Black Keys

Veröffentlichungsdatum: 01.04.2008

 

 

Rating: 5.5 / 10

von Mathias Haden, 19.08.2015


Vielversprechende Kollaboration, die den seligen Rock aber auch nicht aus dem Koma zu holen vermag.

 

Rock is dead, long live rock!

So ungläubig man diese Worte auch lesen mag, so ehrlich und unverblümt erscheinen sie dem der reinen Wahrheit treu ergebenen Schreiberling. Die Größen vergangener Tage sind mit Ausnahme von U2 und Springsteen längst dort wo sie hingehören, in der wohlverdienten Pension, neue haben die Kunde nach dringend benötigter Verstärkung noch nicht mitbekommen und wer in wahrhaftig garstigen Zungen vorsprechen möchte, der könnte unbehelligt behaupten, wie schlimm es tatsächlich um das ehemals so stolze Genre stünde, könne man am besten mit einem Blick auf diverse Rolling Stone-Listen und -Würdigungen erhaschen. Wie immer kommen die üblichen Verdächtigen in den Sinn, neben den bereits genannten Rentnern sind es wieder einmal Namen wie Muse, Kings of Leon und die Killers, aber auch die Black Keys, die sich wie imaginäre Motten in unmittelbarer Nähe zur passenden Glühbirne aufhalten. Immerhin kann man dem Duo, bestehend aus Sänger und Gitarrist Dan Auerbach und seinem Kumpel, Drummer Patrick Carney auf den ersten Blick wenig vorwerfen, so erklären sich die bislang ausgebliebenen, meist liebevoll ausgesprochenen Querverweise bzw. Sticheleien, wie es sich nahezu jeder andere der erwähnten Acts bereits gefallen lassen musste.

Mittlerweile wird es aber höchste Zeit, dem Duo, das heute bereits eine beeindruckende Größe erreicht, riesige Amphoren voller in Form von Respekt und Zuneigung gegossene Tränen zu füllen vermag, die nötige Wertschätzung zu erweisen und ein paar Zeilen zu widmen. Und hey, vielleicht fördert die Suche nach den Rettern der Rockmusik hier ja tatsächlich die so dringlich benötigen Antworten auf die zahlreichen Fragen zutage.

 

Zumindest kann es nie eine schlechte Wahl sein, sich vom guten alten Brian Joseph Burton, besser bekannt als Danger Mouse, produzieren zu lassen. Dass der sein Handwerk versteht, hat er u.a. schon bei Demon Days der Gorillaz oder in diversen Kollaborationen mit Shins-Bambino James Mercer eindrucksvoll unter Beweis gestellt, im knallharten Rockgeschäft dürfte man auf seine stets akribisch vollzogene Arbeit hinter den Reglern allerdings überaus gespannt sein.

So verwundert es schließlich auch kaum, dass sich vorerst weder Rock noch Blues, die loyalen Wegbegleiter der Amis, im Repertoire befindet. Das einleitende All You Ever Wanted ist vielmehr ein klares Statement sowohl pro Danger Mouse', als auch pro Black Keys' Facettenreichtum, gibt sich in seinem akustischen Gewand als wertvolles Folk-Kleinod, während eine flimmernde Gitarrennote immer wieder an das primäre Metier des Duos erinnert. Aber keine Sorge, denn damit lassen Auerbach und Carney nicht lange auf sich warten. Bereits die beiden folgenden Stücke I Got Mine und Strange Times lassen Fans der ersten Stunde erleichtert aufseufzen, ohne sich selbst mit den copy and paste-Tasten zu verwaschen. Während Letztgenannter mit seinem mächtig dröhnenden Riff und ordentlich Tempo fleißig Punkte sammelt, bleibt die andere Nummer in seiner zurückgelehnten, smoothen Stimmungen hängen, lässt bis zum Schluss öfter als nur einmal den ungeliebten Monotoniebegriff in gefährlich nahe Breitengrade vordringen.

 

Die Minuten vergehen also, und so wirklich will man von der ach so vielversprechenden Konstellation Aucherbach/Carney/Burton nicht überzeugt sein. Klar, der Junge weiß Bescheid, hat - so wirkt es jedenfalls - bei seinen Jobs mehr im Sinn, als Ruhm und Dollarnoten abzugreifen; allenfalls ein bisschen mehr als einige seiner Kollegen. Die Keys versuchen einiges, testen bislang unbeschrittene Pfade aus, ohne das bluesige Gerüst ihrer Kompositionen im von Danger Mouse mit ungewohntem Schnickschnack akkumulierten Sound mehr als für ein paar Momente aus den Augen zu verlieren, bleiben aber trotzdem zumeist mit gemischten Ergebnissen hinter den eigenen Ansprüchen zurück. Die wirren Flötentöne von Same Old Thing vermögen ebenso wenig mit dem kernigen Gitarrensound zu harmonieren, wie die bizarre Banjoeinlage mit ebendiesem im überaus skurrilen Psychotic Girl, das mit seinen verschrobenen, transparenten Gesangseinlagen aus dem Hintergrund, einem gelangweilt auftretenden Auerbach und dem schlaffen Tempo alles andere als zwingend aus dem Lautsprecher johlt.

Probleme hat man abseits der gewöhnungsbedürftigen Produktion zunehmend auch mit den Qualitätsschwankungen der einzelnen Songs, die selbst das in zwei Teile, die unterschiedlicher nicht sein könnten, gesplittete Remember When zur polarisierenden Erfahrung machen. Während Side A zurückgelehnt und ohne jegliche Angriffsambitionen im klanglichen Vakuum umher schwebt, gibt es mit Side B wieder einmal einen aufreibenden Riff aus dem bandeigenen Effeff, der das Album um einige wertvolle Augenblicke bereichert.

 

Auf der Zielgeraden gibt es neben den zwei soliden Routinenummern So He Won't Break und Oceans & Streams noch eine eigenartige Kollaboration mit Country-Sängerin Jessica Lea Mayfield (Things Ain't What They Used To Be), die sich gegen jegliche Konventionen auflehnend, gerade mit den Gegensätzlichkeiten dieser unpassenden Konstellation und dem verschmolzenen Harmoniegesang kokettiert und letztlich den so dringend benötigten, ordentlichen Abgang unter Dach und Fach bringt.

Der kommt zwar reichlich spät, aber noch gerade richtig, um eine von Aufs und Abs, produktionstechnischen Fragwürdigkeiten und anderen Meriten geplagte LP dort hinzuretten, wo sie letztlich auch hingehört: direkt in das Herz des Durchschnitts, auf den Rockolymp des 21. Jahrhunderts.

 


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