Michael Nesmith & The First National Band - Magnetic South

 

Magnetic South

 

Michael Nesmith & The First National Band

Veröffentlichungsdatum: ??.07.1970

 

Rating: 8.5 / 10

von Mathias Haden, 27.06.2015


Exzellenter Auftakt einer lohnenden Solokarriere, der sich letztlich etwas in seinen Ambitionen verirrt.

 

Nachdem ich mich mittlerweile wieder einige Wochen auf diesem Terrain zurückgehalten habe, ist es heute wieder Zeit für ein bisschen Amerika und damit einhergehend ein bisschen Americana. Während wir also dem 'Star Spangled Banner' salutieren und Country-Helden wie Hank Williams, George Jones oder Marty Robbins gedenken, zieht sich auch der ehemalige TV-Star und Monkee Michael Nesmith die Cowboystiefel an und setzt auf Solopfaden zur Eroberung der Südstaaten an. Wobei 'Solo' ohnehin nicht so ganz zutrifft. Als sich der Mann, den man auch heute noch gerne mit seiner legendären Wollmütze in Verbindung bringt, 1970 erfolgreich und vor allem teuer von der Ex-Band loseisen konnte, hatte er im Nu eine schlagfertige Truppe zusammen, die First National Band, die ihm immerhin für drei LPs gute Dienste erweisen sollte und bereits Ende des folgenden Jahres wieder aufgelöst wurde. Der ersten LP dieser fruchtbaren Zusammenarbeit, dem blauen Stück Magnetic South der blau-rot-weißen Dreierkombi, widme ich mich im Folgenden voller Freude.

 

Denn Nesmith tut von den einleitenden Takten des rhythmischen Calico Girlfriend weg viel dafür, dem Hohn und Spott der Musiker der Szene, die ihn wegen seiner Vorgeschichte als Schauspieler und Pop-Vertreter nicht ernstnahmen, mit der richtigen Antwort entgegenzutreten. Dabei war es eigentlich logisch, dass der bei den Monkees am lautesten auftretende und für kreative Freiheit kämpfende Revoluzzer bzw. Sänger irgendwann in heimelige Country-Sphären eintauchen würde, nachdem er nach deren partieller Durchsetzung schon mit der Band immer wieder kleine Schritte in diese Richtung wagen durfte.

Wie auch immer, zurück zu der LP und zu Calico Girlfriend, das mit lockerem Akustikgeklimper aufwartet, um sich schon bald der grandiosen Pedal Steel zu unterwerfen, die O. J. Rhodes wie nur wenige andere beherrscht. Gemeinsam mit dem ebenfalls groß aufspielenden Bassisten John London ist er es auch, der dem Protagonisten bis zum Schluss mit exzellenten Performances zur Seite steht - ob in der berührenden, perfekten Ballade Nine Times Blue oder im stampfenden Rocker (mit bizarr charmanter Jodeleinlage) Mama Nantucket, die Jungs brillieren in jedem Tempo und jeder Stimmung. Die Einladung nimmt der nicht minder überzeugende Frontmann natürlich dankend an, besonders mit dem Jahrhundertsong Joanne verschmelzen sein gefühlvollster Gesang mit dem hingebungsvollen Spiel der Kollegen, das seiner schmachtenden Stimme den benötigten Spielraum gewährt, zu einer umwerfenden Symbiose. Auch den Text aus der Feder Nesmiths möchte man niemals vergessen, hörte man ihn nur einmal wimmern:

 

"She was only a girl

I know that well, but still I could not see

That the hold that she had

Was much stronger than the love she felt for me

But staying with her

 

And my little bit of wisdom

Broke down her desires

Like a light through a prism

Into yellows and blues

And the tune that I could not have sung..."

 

In dieser Gangart bietet vor allem die erste Seite der LP weitere Highlights, die mit ihrem Herzstück freilich nicht konkurrieren können, für sich genommen aber auch überaus lohnende Minuten abwerfen. Im schönen, dahinfließenden The Crippled Lion ist es in erster Instanz wieder die Steel Guitar, die den Sänger anspornt und zu Höchstleistungen antreibt, während die Rhythmussektion nicht weit dahinter ihr dynamisches Unwesen treibt.

 

Leider verzettelt sich der Texaner in der Folge immer mehr. Lässt sich die A-Seite noch als makelloser, mit einer wohldosierten Prise Pop-Verständnis angereicherter Hybrid zwischen Country und Rock goutieren, fällt die B-Seite, die mit dem mitreißenden Mama Nantucket ebenfalls noch toll eröffnet wird, seiner Experimentierfreude zum Opfer und hinterlässt wie schon der übermütige Phaeton im Sonnenwagen seines Vaters mitunter auch verbrannte Erde. Während das aus älteren Tagen stammende Hollywood in seiner ungezähmten Beschwingtheit - und mit einer schönen Melodie ausgestattet - noch überwiegend Freude bereitet, schweift er mit dem etwas unstrukturierten One Rose schon etwas aus, ehe er im überambitionierten Closer Beyond The Blue Horizon dem Titel gemäß doch etwas übers Ziel hinausschießt. Aber auch der ist mit einer starken Gesangsvorstellung verdammt noch mal mehr als verkraftbar.

 

Schade nur, dass besagte Tracks am Ende letztlich auch die längsten darstellen und damit beinahe die halbe Laufzeit ausmachen. Kein Beinbruch allerdings, denn zu diesem Zeitpunkt hat Michael Nesmith sein Talent als Musiker, Songschreiber und Leader längst genügend zur Schau gestellt. Auch wenn er hier keine Pionierarbeit im Vermählen von Country und Rock leistet, da kamen ihm Gram Parsons oder Bob Dylan etwas zuvor, gibt sich Magnetic South in jedem Augenblick frisch, unverbraucht und vor allem spannend. Und obwohl bzw. gerade weil er als ehemaliges Mitglied der Monkees, bei denen er ohnedies nicht nur optisch stets herausstach, nie die Anerkennung bekommen wird, die ihm eigentlich zusteht, möchte ich noch einmal eine Lanze brechen für den engagierten Künstler und seine erste Platte nach dem Ausstieg, die ohne seine übermütigen Abenteuer auf der Zielgerade sogar noch ein Fünkchen besser stehen würden: "So if in the end we should go / Both our separate ways / I know the lesson I've learned here is worth it all" - ich wünsche es ihm!

 


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