U2 - The Unforgettable Fire

 

The Unforgettable Fire

 

U2

Veröffentlichungsdatum: 01.10.1984

 

Rating: 6 / 10

von Mathias Haden, 25.12.2013


Mit Ambient-König Brian Eno läuten die Iren einen Wendepunkt ein, bleiben aber hinter den eigenen Ansprüchen zurück.

 

Auch Unsympathler können gute Musik machen. Punkt. So viel steht fest. Hat man darüber immer wieder bei verschiedenen Interpreten spekuliert, so bekommt man es mit der irischen Band U2 schwarz auf weiß präsentiert. Nun ja, vielleicht nicht direkt mit U2, aus der Band könnte man sonst nur Gitarrist 'The Edge' kennen, aber dieser Paul David Hewson, bekannt unter dem Künstlernamen 'Bono' bestimmt. Gute Ideen hat der Typ ja, für gute Angelegenheiten setzt er sich auch ein, aber irgendwie hält man den trotzdem nicht aus. Aber das hat hier eigentlich nichts verloren. Der springende Punkt ist, er und seine Band haben in den Achtzigern einige deutliche Lebenszeichen von sich gegeben und mit starken Veröffentlichungen auf sich aufmerksam gemacht. So passiert 1983, als mit dem dritten Studioalbum War ein beeindruckendes Konzept auf den Markt geworfen wurde. Besonders Sunday Bloody Sunday wurde im Zuge dessen zur Hymne.

 

Nun, ein Jahr später, versucht die Band auf die Erfolge der Vorgänger aufzuspringen und doch den geerdeteren Rock von War in atmosphärische Klangmuster zu transformieren und einen Wendepunkt in der Karriere von U2 herbeizuführen. An Bord geholt wurden für dieses Unterfangen Daniel Lanois und der Ambient-Meister Brian Eno, der schon bei so vielen Acts sein unkonventionelles Gedankengut erfolgreich einbringen konnte.

 

Dass bei einer solchen Kollaboration auch konventionellere Songs entstehen können, beweist Lead-Single und erfolgreichster Hit bis dahin, Pride (In The Name Of Love). Dieser, über Martin Luther King verfasst und in diversen Bestenlisten vermerkt, ist im Prinzip radiotauglicher Rock in einem sphärischen Korsett.

Zum ersten Mal auf einem U2-Album werden auf The Unforgettable Fire Synthesizer verwendet, um den Klang zu verstärken. Auch finden sich vermehrt Streicher auf den einzelnen Tracks, die einen fast schon orchestralen Sound erzeugen und viel, viel Elektronik. Der ehemals dominante, dynamische Drum-Sound von Drummer Larry Mullen Jr. wurde ein bisschen in den Hintergrund gedrückt.

Ansonsten findet man schon einiges, das auf den Namen Eno hindeutet. Da wäre etwa das verträumte Instrumental 4th of July, das mit dicht gewobenem Klangteppich schon etwas in die 'spacigere' Zukunft der Band schielt. Dazu noch das dramatische Bad, auf dem Bono über Heroinsucht trällert, der Titeltack oder der sanfte Opener A Sort of Homecoming, mit opulenten Streicherarrangements versehen, der passenden Einstieg für die mehr oder weniger neue Marschrichtung der Band.

Überhaupt ist hier fast alles ruhiger und besinnlicher als noch auf den drei Alben davor. Einige Tracks sind fast schon kitschig, so entstehen aber einige tolle Zeilen wie etwa in der verträumten Landschaftsbeschreibung von Indian Summer Sky:

 

"In the ocean cuts ring deep, the sky.

Like there, I don't know why.

In the forest there's a clearing

I run there towards the light.

Sky, it's a blue sky."

 

Den Umstand, dass dieser sonst nicht allzu viel zu bieten hat, entschuldigt man hier gerne. Die Texte sind wie gewohnt anspruchsvoll, auch wenn man langsam den Weltverbesserer Bono ein bisschen heraushören kann. Zum Pathos späterer Aufnahmen fehlt aber zum Glück noch einiges.

 

U2 haben ihren neuen Sound, der sie so berühmt machte, gefunden. Trotzdem klingt hier einiges noch ziemlich unfertig oder schlicht ungewohnt. Auf Wire, das eher in die Richtung früherer Veröffentlichungen geht, wünscht man sich ebendiese zurück. Bono raunzt was er kann, die Band spielt ordentlich, aber irgendwie mag keine Freudenstimmung aufkommen. Das hat man auf War vielfach besser gehört. Und dann noch dieses mühsame Elvis Presley And America, das mit improvisiertem Text 6 Minuten lang schwerfällig dahin dümpelt und nicht einmal ansatzweise Hörvergnügen aufkommen lässt. Einen Track wie Promenade bräuchte man nicht einmal erwähnen, so unspektakulär kommt der auf, nur um immerhin nach nur zwei Minütchen wieder passé und vergessen zu sein.

 

Mit ihrem vierten Album kommen The Edge und Co. raus aus ihrem Milieu des schonungslosen und kritischen Rock, um sich in dichtem Soundnebel einzudecken. Mit Brian Eno wurde ein Meister seines Fachs engagiert, der U2, die ohnehin schon immer mehr Atmosphäre in ihre Songs brachten - man erinnere sich an New Year's Day -, ohne es scheinbar selbst zu wissen, bei dieser Mission mit Rat und Tat zur Seite stehen konnte. Leider geht nicht alles auf, was diese verheißungsvolle Kombination verspricht und so bleiben sowohl U2 als auch Eno hinter den eigenen Ansprüchen zurück.

 

Nein, The Unforgettable Fire ist mit Sicherheit kein schlechtes Album. Es ist ein Wendepunkt in der Karriere und die Blaupause für spätere Erfolgsalben wie The Joshua Tree. Trotzdem fehlt den Songs die majestätische Schönheit, die andere Genrekollegen wie The Cure ihren Songs mitgeben können. Und wenn man sich schon als größte Band seit Led Zeppelin bezeichnet, dann müssen Taten folgen. Dennoch, wieder einmal wurde die These, mit der ich diese Rezension direkt eröffnet habe, bestätigt. Auch wenn es diesmal nur partiell der Fall ist.

 


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