von Kristoffer Leitgeb, 01.04.2017
Hinweis: Die Bewertung bezieht sich auf die Tracklist der 1979 veröffentlichten US-Version, also die bessere.
Now that's what I call Punk!
Es gibt unter Kennern, Könnern und Gönnern ja immer wieder ausufernde Diskussionen darüber, wann denn nun der Punk so wirklich begonnen haben soll, wer dessen Väter sind und wer doch nur Geburtshelfer oder Taufpate. Ich sage jetzt einfach einmal, "The Clash" ist das allererste Punk-Album. Nicht, dass dafür allzu viele Argumente lagernd wären, aber es klingt einfach besser, wenn ich hier über das allererste Punk-Album schreibe, als wenn es jemand anderes täte. Außerdem weiß ich von Facebook, dass die Zeitrechnung voll falsch ist und dass man dem Wissenschaftsterror nicht glauben darf. Seitdem kann ich fliegen, hab keine Rückenschmerzen mehr und weiß, dass Joe Strummer und seine Leute vor allen anderen da waren. Um etwaigen bereits in Bearbeitung befindlichen Drohbriefen und/oder Entmündigungsanträgen den Wind aus den Segeln zu nehmen, darf allerdings der US-Release im Rampenlicht stehen und damit ganz sicher nicht mehr das erste Album von irgendwas. Ein verschmerzbarer Verlust, wenn man so etwas wie I Fought The Law gewinnt.
Und das ist ja nur der eine. Vier andere warten noch, die sich die Briten damals als Single kaufen mussten, wenn sie sie ihr Eigen nennen wollten. Die Amis haben eben immer schon alles bekommen, was ihnen beliebte. Und auch das abgelehnt, was ihnen nicht beliebte. Das trifft mit Deny und Cheat keine ganz Unschuldigen und verschmerzbare Absenzen, wenn im Gegensatz dazu (White Man) In Hammersmith Palais als erster wirklich vollendeter Hybrid aus Ska und Rock 'n' Roll, die für die Band noch durchaus wichtig werden sollten, als Gewinn verbucht wird. Ganz sicher ist, dass durch die in den zwei Jahren zwischen "The Clash UK" und "The Clash US" aufgenommenen Tracks ein Mehr an Finesse und musikalischer Qualität zu hören ist. Ok, Complete Control braucht keiner so wirklich, auch weil der Song zusammen mit dem ebenfalls neuen Opener Clash City Rockers einer der wenigen mit relativer Überlänge zu sein scheint. Ansonsten ist da aber erstklassiges Material nachgekommen.
Sollte übrigens noch jemand eine Einführung in die Clash-Historie brauchen, um das Debüt, das kein Debüt mehr war, so ganz zu verstehen, hier bitte: Lange nach der 74er-Gründung fand 1976, eigentlich schon mitten in der aufsteigenden Euphorie rund um die Sex Pistols, Joe Strummer zu dieser Band, die verzweifelt nach dem passenden Sänger gesucht hatte, der Mick Jones und Paul Simonon Paroli zu bieten im Stande war. Gefunden wurde der richtige Mann und trotz bösem, bösem Vertrag mit einem Major Label wurde das in aller Schnelle aufgenommene Debüt zum Gardemaß für alles, was Punk war und nicht aus den USA kam - dort regierten die Ramones. Deswegen auch erst 1979 in aufgepimpter Version der US-Release, der irgendwie kein monumentaler Erfolg war. War komplett egal, denn auf der Tracklist war noch immer geniales Material, dessen energiegeladene, freimütige Riffs und unbekümmert kritische Texte für das legendäre White Riot, das legendäre London's Burning oder das doppelt und dreifach legendäre Prunkstück I'm So Bored With The U.S.A. sorgten. Kostprobe gefällig?
Anspiel-Tipps: