Papa Roach - F.E.A.R.

 

F.E.A.R.

 

Papa Roach

Veröffentlichungsdatum: 27.01.2015

 

Rating: 5.5 / 10

von Kristoffer Leitgeb, 06.04.2019


Komfortabel in der Durchschnittlichkeit des stadiontauglichen Hard Rock.

 

Manche Bands unter den vielen, vielen Tausenden, die es da draußen gibt, sind auf ihre ganz eigene Art ein bemerkenswertes Phänomen. Meistens hat das dann nichts damit zu tun, was qualitativ so herausschaut, zumindest nicht mit einer irgendwie gelagerten Großartigkeit der geschaffenen Musik. Die Bloodhound Gang hat zum Beispiel mittlerweile die imposante Eigenschaft, sich ewig für Alben Zeit zu lassen, die dann trotzdem fast komplett inhaltsleer und grottig schlecht klingen. Dieser Kelch ist an Papa Roach vorüber gegangen, auch wenn böswillige Geister behaupten könnten, dass das hauptsächlich daran liegt, dass die Band sich kaum einmal länger als 2 Jahre zwischen ihren Alben gönnt. Tatsächlich ist es aber so, dass die US-Amerikaner auf ganz andere Art eigen sind, nämlich dahingehend, dass sie wie keine andere Rockband die Mäßigkeit für sich beanspruchen. Kaum einmal wirklich schlecht, ähnlich selten von überzeugender Stärke, stattdessen mit einer nach Bequemlichkeit riechenden Konstanz immer dort zu finden, wo man ihre Alben bestenfalls als Gardemaß des Passablen, schlimmstenfalls als maßvoll geschmacksverirrte Variante genau dessen einordnen kann. Und siehe da, das Phänomen findet auch auf dem achten Longplayer seine Fortsetzung.

 

Allerdings muss man eingestehen, dass Vorgänger "The Connection" zwar bezogen auf den Gesamteindruck kaum eine Abweichung von der Kakerlaken-Norm bedeutet hat, dafür aber immerhin das Siegel der Ambition verdient. Da waren Motivation und Ansporn zur Revitalisierung spürbar, auch wenn das zeitweise das unfreiwillige Abgleiten in stilistische Niederungen bedeutet hat. Immerhin ist mit Silence Is The Enemy auch der beste Song der Bandgeschichte dabei herausgekommen. "F.E.A.R." ist nun beinahe das komplette Gegenteil dessen. Ein Höhepunkt der musikalischen Einheitlichkeit, auch wenn man gut und gerne zwischen Alternative Rock, Elektronik-Rock und Spuren von Hip-Hop unterscheiden darf. Nur war das eigentlich immer schon die Melange, aus der die Musik der Band bestanden hat, insofern kann einmal von Innovationsgeist keine Rede sein. Gleichzeitig präsentiert sich einem die Tracklist wie eine Einheitsfront des lauten, röhrenden und für große Bühnen aufbereiteten Hard Rock, in der sich weder qualitativ noch klanglich große Verwerfungen ausmachen lassen. Face Everything And Rise täuscht hier zwar mit dem billigen Synth-Intro kurz eine verstörend fehlgeleitete Poppigkeit an - Silence Is The Enemy all over again -, besticht dann aber bald als geradliniger Rocksong, dem die Riffwände nicht schaden, dem auch die ordentliche Hook gut tut. Besonders ist daran wenig, weil es markant an Durchschlagskraft mangelt und man das so ziemlich ausschließlich durch ohrenbetäubende Lautstärke auszubügeln versucht. Gelingt bedingt, muss man sagen. Es ist ein solider Start mit wenigen Kanten, schwachstellenfrei, allerdings genauso ohne nennenswerte Finessen, die über den einen oder anderen passablen elektronischen Winkelzug hinausgingen.

 

Wer damit das Album hinreichend beschrieben wähnt, hat zumindest teilweise Recht. Bis zur Albummitte tut sich nicht mehr viel, was letztlich bedeutet, dass mit Broken As Me und Falling Apart zwar Songs warten, deren gute Gitarrenarbeit und kraftvoller Gesangspart einiges an Potenzial vermuten lassen, letztlich aber trotzdem alles in sehr moderaten Regionen landet. Die Band agiert überraschungs- und so ziemlich ideenfrei, spielt eher den altbekannten Stiefel in routinierter und entsprechend ziemlich souveräner Manier runter, als sich irgendwelche Blöße zu geben. Das macht zwar große Sprünge unmöglich, weil der Stiefel von Papa Roach immer ein eher spannungsarmer und auf Solidität aufgebauter war. Auf der anderen Seite ist die LP erfrischend berechenbar, quält einen nicht mit stilistischen oder textlichen Grausamkeiten, die für manche eventuell schwierige Aufbereitung von Klischees des inneren Kampfes außen vor. Sprich: Jacoby Shaddix ist noch immer am Aufstehen nach dem Hinfallen, am emotionalen Zerbrechen und wäre gern geliebt. Nachdem damit geklärt wäre, dass "F.E.A.R." auch textlich so außergewöhnlich ist, wie es sich musikalisch präsentiert, kann man als Zwischenfazit durchaus einmal anmerken, dass die positivste Eigenschaft des Albums ist, wie wenig anstrengend es ist.

 

Doch dann kommt eine zweite Albumhälfte und versucht, das zu bombardieren. Entsprechend ist fast so etwas wie qualitative Streuung spürbar, was zwei Gründe hat: Einerseits kann es die Band nicht lassen, irgendwann einmal kitschigsten Pop-Rock und ungebetenen Rap anzubieten, weswegen man Never Have To Say Goodbye und Gravity durchstehen muss. Allerdings ist einschränkend zu sagen, dass ersterer nicht dramatisch schlecht ist, weil man die Keyboard-Klänge zumindest partiell komplett ausspart und stattdessen ordentliche Riffs sprechen lässt und dass der zweite abgesehen vom miserablen Feature hauptsächlich mäßiges Rappen von Shaddix über einem ereignisarmen, aber passablen Rap-Rock-Untergrund ist. Insofern sind es Schwachstellen, allerdings keine wirklichen Achsbrüche.

Das ist auch wichtig, weil sich auf der anderen Seite durchaus noch starke Minuten ergeben, die aber nicht überwältigend ausfallen. War Over Me ist prinzipiell Standardhandwerk des Alt Metal, allerdings funktioniert da dank passendem Riff der Paarlauf von Gitarrist Jerry Horton und Shaddix' halbgeschrienen Vocals besser als bei den übrigen Tracks. Wichtigstes Lebenszeichen ist trotzdem das abschließende Warriors, das genauso wie Still Swingin' vom Vorgänger den Beweis erbringt, dass die Band immer dann am lebendigsten klingt, wenn der Song vor allem mit elektronischer Hilfe eine chaotische Komponente bekommt und damit der drückend harte Rock eine Dynamik bekommt, die das Album sonst schmerzlich vermissen lässt. Es ist der einzige Song, der nicht nach routiniertem Musizieren klingt, auch wenn keiner leugnen kann, dass sich Shaddix und die Seinen auch damit nicht neu erfinden, sondern schlicht ein Best Of ihrer eigenen Vergangenheit in einen Song packen.

 

Das reicht eigentlich für einen ziemlich starken Track, was ganz eindeutig die Frage aufwirft, warum man das nicht einfach öfter gemacht hat. Faulheit wird es ja wohl nicht gewesen sein, auch wenn "F.E.A.R." schon danach klingt, als wäre man entweder etwas müde oder mit angezogener Handbremse zu Werke gegangen. Die verhindert zwar nicht, dass die Band laut, hart und einigermaßen leidenschaftlich klingt, aber sie sorgt für einen Sound, der für Papa Roach so standardmäßig ist, dass keine Besonderheiten auffallen, die das Album wirklich aus dem Durchschnitt reißen könnten. Genauso fragwürdig ist übrigens, warum die beiden Bonustracks Hope For The Hopeless und Fear Hate Love außen vor gelassen hat, obwohl sie zusammen mit Warriors ein energiegeladenes, druckvolles Trio ergeben, das die LP zur besten der Band hätte machen können, wären gleichzeitig die unerwünschten poppigen Brocken zur Albummitte entsorgt worden. Nachdem das nicht passiert ist, bleibt es dabei, dass die US-Amerikaner wohl auf ewig in der gemütlichen Durchschnittlichkeit verharren werden, ohne einem weh zu tun, ohne einen nachhaltig zu beeindrucken.

 


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