My Chemical Romance - Danger Days

 

Danger Days: The True Lifes Of The Fabulous Killjoys

 

My Chemical Romance

Veröffentlichungsdatum: 22.10.2010

 

Rating: 5.5 / 10

von Kristoffer Leitgeb, 09.12.2013


Egal, ob Auflockerungsübung oder Selbstfindungsprozess, die Idee hinter den Killjoys geht nur mäßig auf.

 

Soll ich jetzt schon wieder mit den kontroversiellen Bands anfangen? Nein, nicht nochmal. Womit dann? Ah ja, vielleicht damit, dass dieser LP ein wahrliches Meisterwerk vorangegangen ist. "The Black Parade" war ohne jeden Zweifel das Magnum Opus der Amerikaner, es war aber in Wirklichkeit mehr. Eine gelungene Mischung aus einer Verbeugung vor den Rock-Idolen der 70er, allen voran Queen, und den eigenen Punk-Wurzeln. Da wurde oft bandeigenes Neuland betreten, es wurde hemmungslos über die Stränge geschlagen, der Knackpunkt war aber: Fast alles hat geklappt. Diesmal sieht die Sache etwas anders aus. "Danger Days" versucht ähnlich ambitioniert zu sein, kommt aber eher als aufgelockerte Wiederaufbereitung des selben alten Tricks daher. Und das nicht unbedingt auf die positive Art.

 

Denn auch wenn eine ähnlich pompöse Fortsetzung des 06er-Releases ohnehin ein Fehler wäre (Green Day haben das schon 2009 bewiesen), passiert diesmal mit dem offensichtlich positiveren Sound, der schwachsinnigen Background-Story und dem von zu viel Elektronik unterstützten Pop-Appeal gleich ein Bündel an Missgeschicken. So mutiert Lead-Single Na Na Na wohl für viele Hörer zur stumpfsinnigsten Nummer des ganzen Jahres. Sie funktioniert trotzdem dank des hohen Tempos, des simplen Riffs und vor allem, weil der Band der Spaß an der Sache schnell anzumerken ist. Dass solche poppigen Momente nicht ganz mit der eigens kreierten dystopischen Zukunftswelt mit den Killjoys als dortige Rebellengruppe zusammenpassen, fällt der Band nicht auf, dem Konsumenten auch kaum. Denn bei all dem, was da drumherum konstruiert wurde, in der Musik findet sich rein gar nichts davon wieder.

 

Das allein kann einem aber getrost egal sein. Denn gerade die miesen Skits, die als Beweis einer Hintergrundgeschichte eingebaut sind, bilden gemeinsam den Tiefpunkt des Albums. Wenigstens dauern die nicht zu lange. Wirklich problematisch wird's erst, wenn man sich das weitere Songmaterial zu Gemüte führt. Denn mit Songs wie Bulletproof Heart, Planetary (GO!) oder Save Yourself, I'll Hold Them Back schafft die Band zwar einen Haufen ordentlicher Momente, spektakulär erscheint einem aber wenig. Letztere ist der offensichtlichste Blick in den Rückspiegel auf die alten Band-Tage, bietet vergleichsweise harten, trockenen Rock, überzeugt aber nur dann wirklich, wenn man die übrigen Alben der Band nicht gehört hat. Ähnliches gilt für das etwas bessere The Only Hope For Me Is You und eben Bulletproof Heart. Bei Planetary (GO!) wird dafür genauso wie beim schon peinlich betitelten Party Poison der große Unterschied zu früher klar. Beim einen dominieren wuchtige Synthie-Sounds und banale Keyboard-Spielereien, beim anderen reicht trotz ansprechendem Garage Rock-Sound der Text an den Titel heran und wird mit japanischer Gaststimme noch auf lächerliche Art 'verfeinert'.

 

Herausgerissen wird die LP anderswo. Denn ganz offensichtlich hat Sänger Gerard Way die Power-Ballade für sich entdeckt. Summertime und The Kids From Yesterday heißen die eindrucksvollen Belege dafür, dass auch da mächtige Songs der Band entstehen können. Trotz dem Kitsch, den beide in Maßen versprühen, bietet die zweite Ways gesanglich mit Sicherheit beste Leistung auf dem Album und Summertime schafft den Spagat zwischen Sommerfeeling und Emotion auf eindrucksvolle Art, bietet dazu noch den eingängigsten Refrain auf "Danger Days". Dem gegenüber steht ein Song wie Party Poison, viel mehr aber noch S/C/A/R/E/C/R/O/W, dessen träges Tempo getoppt wird von der grässlich-hohen Stimme im Refrain und einer Stimmung, die nur deswegen mysteriös ist, weil man keine Ahnung hat, welche es denn nun sein soll.

 

Überhaupt wird im Verlauf der über 50 Minuten Spielzeit nicht so ganz klar, was denn da letztlich eigentlich gespielt werden soll. Für ein Konzeptalbum, so konfus es auch schon im Grundgerüst sein mag, findet sich da verdammt wenig einheitliche Thematik, geschweige denn Stimmung. Die Band springt von ganz banalen Party-Songs wie zum Beispiel Planetary (GO!), die man sich als deftigen Spritzer frischen Wind einreden lassen würde, zu einer stimmungsgeladenen Ballade wie Summertime und mischt dabei Zeilen wie "I can't slow down / I won't be waiting for you /I can't stop now / Because I'm dancing" und "And if you stay I would lead away your mind / Or until your heart explodes out / Until we find our way in the dark and out of heart" zu einem konfusen Potpourri an Gefühlslagen. So weiß man dann nicht, ob man sich im futuristischen Guerilla-Kampf befindet, irgendwo auf einer Tanzfläche oder doch auf einer Protestveranstaltung gegen weitere 'Twilight'-Movies (Vampire Money als Absage an die Macher der Film-Serie muss man ihnen doch hoch anrechnen).

 

Da bleibt einem dann nur noch sich auf das ungebrochen offensichtliche Talent der Jungs fürs Songwriting zu verlassen. Denn so verquer der Gesamteindruck sein mag, so oft man sich an den Kopf greifen will und so groß der Abstand zum Triumph von "The Black Parade" auch augenscheinlich ist, alles in allem kann man immer mal wieder auf die LP zurückgreifen. Ob man nämlich will oder nicht, einen gewissen anziehenden Effekt haben hier die meisten Tracks, völlig gleich, ob als Ballade, Pop Punk, oder Synthie-Pop verpackt. So hält sich die Band dann doch die längste Zeit auf überdurchschnittlichem Niveau, verpasst es aber zumeist das nötige Schäuferl nachzulegen.

 

Als Ergebnis steht ein Album da, dass einem ziemlich eindeutig unsympathisch ist. Wegen des krassen Stilwechsels, dem großen Schatten, den der Vorgänger geworfen hat, und vor allem, weil die Intention hinter diesem Album nie irgendjemandem klar war. Ist es eine Band, die einfach nur Spaß haben will? Oder aber gezwungenermaßen ein Versuch auf Distanz zu den früheren Tagen zu gehen? Oder dann doch eine Mischung aus leichtem Größenwahn und ein wenig Geldgier? Man weiß es einfach nicht. Aber ganz egal, ob nun Auflockerungsübung, Selbstfindungsprozess oder Anbiederung an die Radiostationen, die Idee hinter den Killjoys geht nur mäßig auf.

 


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