Jackson Browne - For Everyman

 

For Everyman

 

Jackson Browne

Veröffentlichungsdatum: ??.10.1973

 

Rating: 8 / 10

von Daniel Krislaty, 13.11.2013


Ambitionierter Sänger und Poet trifft auf Multiinstrumentalist – Liebe auf den ersten Blick?

 

Die Rede ist von Jackson Browne, dem vermeintlich aufsteigenden Stern am Musikhorizont der frühen 70er, und dessen personifizierte, instrumentale Begleitung, David Lindley. Während Browne seine Qualitäten als Singer-Songwriter sehr respektabel auf seinem Debütalbum Jackson Browne (1971) unter Beweis stellte, glänzte Lindley bereits ab Ende der 60er als begnadeter Studiomusiker und wirkte unter anderem auf Alben von Leonard Cohen und Graham Nash mit. For Everyman, Jackson Brownes zweites 'Soloalbum', symbolisiert nun den Beginn einer Kollaboration jener zwei außergewöhnlichen Künstler, die erst 10 Jahre und 4 erfolgreiche Alben später (kurzzeitig) unterbrochen werden sollte. Die Frage, ob diese erste Begegnung von Liebe und endgültigem Durchbruch gekrönt ist, bleibt jedoch eindeutig zu verneinen. Das Feuer der Leidenschaft entflammt erst auf den späteren Platten, obwohl ein spürbares Knistern dem Album keinesfalls abzusprechen ist und zumindest Größeres erahnen lässt.

 

Take It Easy macht den Anfang und zeigt gleichzeitig die Marschroute auf, die dieses Album allgemein beschreiten soll: Angenehmer, leichtverdaulicher Rock für Jung und Alt kombiniert mit lyrischen Finessen hier und da. Take It Easy wird auch jenes Lied sein, welches dem heutigen, gewissenhaften Radiohörer ein Begriff sein dürfte. Jackson Browne hatte diesen Feel Good-Song nämlich gemeinsam mit dem Sänger der Eagles, Glenn Frey, geschrieben, welcher eine etwas poppigere Version als Single-Auskopplung auf ihrem Debütalbum Eagles ein Jahr zuvor veröffentlichte.

 

Musikalische Brillanz, wie sie beim späteren Album Late for the Sky allgegenwärtig ist, sucht man auf dieser Platte bis auf wenige Ausnahmen vergeblich. Dieses nahezu perfekte Zusammenspiel aus überzeugend arrangierter Instrumentierung und authentischem Gesang kann nur von den drei Highlights des Albums Ready Or Not, I Thought I Was a Child und These Days erreicht oder zumindest angekratzt werden. Vor allem These Days, wo er all seine ausgelassenen Möglichkeiten sowie begangenen Fehler beteuert und nur zaghafte Ausblicke in die Gegenwart bzw. Zukunft riskiert, beleuchtet Brownes sensible Seite sehr gut. Gleichzeitig schafft David Lindley mit seinem exzellenten Gitarrenspiel eine sehr trübsinnige Stimmung, in der Brownes tränengetränkte Stimme aufblüht. Die letzten Zeilen und das 1,5-minütige, rein instrumentale Outro des Songs fangen die Atmosphäre wohl am besten ein.

 

"Don't confront me with my failures

I had not forgotten them"

 

Die zwei folgenden Lieder verkörpern einzeln betrachtet zwar sehr anständige Lieder, fallen jedoch der sehr bescheiden angeordneten Tracklist zum Opfer. Nach dem melancholischen Höhepunkt des Albums begegnet dem Hörer nämlich der deutlich dynamischste Titel, Redneck Friend, welcher offensichtliche Country Rock Einflüsse bezieht. Dieser Ausbruch aus dem Schema des leicht bekömmlichen Rocks stellt an sich eine gute Möglichkeit dar, etwas Abwechslung in die etwas eintönige Klanglandschaft zu bringen. In diesem Fall jedoch gleicht der Stilbruch eher einem schwingenden Vorschlaghammer, der auf das zerbrechliche Konstrukt der zuvor so mühsam aufgebauten Atmosphäre prallt. Dem nicht genug, ähnelt das darauffolgende Lied The Times You’ve Come wiederum dem bedrückenden These Days. Somit wird der kraftvollste Titel des Albums zwischen zwei sehr gefühlsbetonten Balladen eingeschlossen und dessen Wirkung daher stark gedämpft. Übrigens wird Jackson Browne auf den beiden erwähnten Titeln prominent unterstützt. Sowohl Sir Elton John am Piano in Redneck Friend (unter dem Namen 'Rockaday Johnnie') als auch Bonnie Raitt als Hintergrundsängerin in The Times You’ve Come liefern äußerst solide Vorstellungen.

 

Im autobiografischen Ready Or Not zelebriert Jackson Browne zum wiederholten Male die hohe Kunst des Dichtens. Begleitet von einer Violine plaudert er aus dem Nähkästchen über die bevorstehende Geburt seines Sohnes, Ethan Zane Browne, und die zahlreichen Veränderungen in seinem Leben, die damit einhergehen.

 

"I told her I had always lived alone

And I probably always would

And all I wanted was my freedom

And she told me that she understood

But I let her do some of my laundry

And she slipped a few meals in between

And the next thing I remember, she was all moved in

And I was buying her a washing machine"

 

Last but not least findet Browne mit dem finalen Lied For Everyman ein sehr versöhnliches Ende und lässt keinen Zweifel darüber aufkommen, dass er seinen Weg im Musikgeschäft gehen wird. Wenn auch etwas langatmig, besticht der Titeltrack mit all den Zutaten, die das Album ausmachen und repräsentiert daher nicht nur aufgrund des Namens das gesamte Projekt ausgezeichnet.

 

"Everybody's just waiting to hear from the one

Who can give them the answers

And lead them back to that place in the warmth of the sun

Where sweet childhood still dances"

 

Wer einfache Rockmusik mit einem passionierten Sänger sucht, wird hier garantiert fündig. Obgleich ein gewöhnlicher, einprägsamer Hit fehlt, stellt Jackson Browne abermals unter Beweis, dass er sehr Album-orientiert arbeitet und sich somit keinen groben Schnitzer in der Songauswahl leistet, um ein durchgehend hohes Niveau zu gewährleisten. Auch die teils einfallsarmen Melodien, die den guten Texten nicht wirklich gerecht werden können, und etwaige andere (kleine) Ungereimtheiten in der Produktion sind schnell vergessen, sobald man sich ernsthaft auf dieses Album einlässt.

 

Als kurzes Fazit möchte ich nochmals betonen, dass es sich hierbei um eine rundum starke Liedersammlung handelt, die bloß das Pech hat, dass Jackson Browne in den darauffolgenden Jahren in der Lage war, sich in nahezu jedem Bereich eine Spur zu verbessern bzw. weiterzuentwickeln. Eine Leistung, die zweifelsfrei ohne dem elementaren Entwicklungsschritt in die richtige Richtung, den For Everyman markiert, nicht möglich gewesen wäre.

 


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