Creedence Clearwater Revival - Bayou Country

 

Bayou Country

 

Creedence Clearwater Revival

Veröffentlichungsdatum: 05.01.1969

 

Rating: 7 / 10

von Kristoffer Leitgeb, 08.11.2020


Der Sound ist gefunden, die Legendenbildung gestartet, das Albumformat aber noch kein Freund.

 

Hallelujah, es ist endlich geschafft! Agent Orange ist überwunden, Old McDonald abgewählt, der Aufenthalt der Oaschwarzn (© Michael Niavarani) im Weißen Haus mit einem Ablaufdatum versehen und damit die bizarrste, unwürdigste, verstörendste und niederträchtigste Episode der jüngeren Geschichte der US-Politik hinter uns gebracht. Der Ersatz ist jetzt nicht gerade die personifizierte Großartigkeit und auf ein Fiasko folgt dort drüben üblicherweise schnell das nächste, aber endlich ist mal ein bisschen Zeit für Ruhe fernab von Twitter-Eskapaden, prädiktatorischen Anwandlungen und schlichter Menschenverachtung. Da stimm doch sogar ich fast in ein beherztes "U-S-A! U-S-A! U-S-A!" ein. Also fast zumindest...

Und da lohnt es sich doch auch gleich, etwas musikalisch zutiefst Amerikanisches aus dem Regal zu holen, das sich damit brüsten kann, beinahe ein ganzes, dem irgendwo zwischen kerniger, bodenständiger Tradition und ländlichem Hinterwäldlertum steckenden Deep South gewidmetes Genre ins Leben gerufen zu haben. Denn CCR sind Swamp Rock und Swamp Rock ist CCR, auch wenn man beides gerne in größere Phänomene wie den Roots Rock, Blues Rock oder Southern Rock einordnen darf. Jedenfalls brauchte es eine dahindümpelnde Truppe ausgerechnet aus Kalifornien, um dem Bayou seinen größten musikalischen Moment zu bescheren.

 

Diesen Status verdient womöglich weniger "Bayou Country", das Album, sondern wohl eher Born On The Bayou, dessen Opener. Denn während die LP auch mit markanten Schwächen daherkommt, ist der Einstieg davon befreit und ein geniales Mahnmal kernigen Rocks, angetrieben von einer himmlisch lockeren Rhythm Section, die trotzdem nicht auf ein bisschen kernige Härte vergisst, einem erstklassigen Riff und natürlich der erdigen Stimme des one and only John Fogerty. Der war zwar nie dort, geschweige denn, dass er dem Bayou, also den weitläufigen Sumpflandschaften Louisianas entstammen würde, besingen kann er es aber anscheinend doch auf genialste Art, sowohl mit textlicher Prägnanz als auch mit einem mächtigen Krächzen, das die Jahrzehnte überdauern sollte und mindestens so sehr seine Trademark ist wie das unwiderstehliche "Hee-Hee" von Michael Jackson. All das wäre wenig ohne die nötige Harmonie, die nötige musikalische Abgeklärtheit, um aus diesem musikalischen Amalgam das Bestmögliche herauszuholen. Der Truppe gelingt es, weil nach dem noch etwas verirrten Debüt der eigene Sound gefunden ist, die Mischung aus klassischem Rockabilly, härteren Rockspielarten der 60er, Blues und Country perfekt austariert wird und vor allem die klanglichen Eigenheiten des Quartetts perfekt zur Geltung kommen, allen voran Fogertys in ewigem Feedback erblühende Rickenbacker und deren ganz eigener, heller Klang.

All das zelebriert die Band zur Genüge auch auf den folgenden sechs Songs, allerdings nur mehr vereinzelt mit ähnlicher Strahlkraft. Proud Mary sticht dabei selbstredend als eines der legendärsten Stücke im Bandkanon heraus, das vom trabenden Beat über die geschmeidigen R&B-Riff und die von Fogerty im Nachhinein selbst eingesungenen, harmonischen Backgroundstimmen bis zum locker-leichten Solo alles richtig macht. Weniger virtuos anmutend, dafür aber nicht weniger unterhaltsam sticht auch Bootleg schnell als eines der Kernstücke heraus, dessen erstklassiger Riff genauso überzeugt wie die nachhallende Percussion und Tom Fogerty geschmeidige Vorstellung an der Rhythm Guitar. Dieses Trio an Songs nimmt damit viel dessen vorweg, was in nicht einmal zwei Jahren für eine Vielzahl an Hits und legendären Kompositionen sorgen sollte, die letztlich nichts tun, als immer weiter und durchaus erfolgreich an der Verfeinerung des hier gelegten Grundsteins zu arbeiten.

 

Dass vor allem im Albumkontext noch einiges an Verbesserungspotenzial gegeben scheint, hat damit zu tun, dass die übrigens Tracks zwar nicht weniger von beschlagenen Musikern, dem richtigen Sound und Spielfreude zeugen, dafür aber diese Originalität, atmosphärische Eindringlichkeit und Spannung vermissen lassen. Graveyard Train beispielsweise startet als stimmungsvoll düsterer Blues, breitet sich aber über achteinhalb Minuten so dermaßen gleichförmig aus, dass er trotz sporadischer klanglicher Gustostückerl wie der eingeflochtenen Mundharmonika fast unmöglich nicht zäh anmuten kann. Das Cover von Good Golly Miss Molly ist dagegen als High-Energy-Nummer gedacht und verblasst dahingehend dennoch gegenüber dem Original von Little Richard, weil Fogertys Stimme hier weniger passend als überall sonst erscheint, während um ihn herum beherzt, aber wenig mitreißend gespielt wird. Penthouse Pauper klingt schon eher nach einem Heimspiel für die Band, lässt aber gleichzeitig in seiner blueslastigen Art den nötigen Nachdruck vermissen. Und zum Abschluss wäre da noch Keep On Chooglin', ein knapp achtminütiger, aus offensichtlichen Gründen zum Konzertfavoriten gewordener Jam, der allen Facetten des Bandsounds den nötigen Platz einräumt, die Mundharmonika genauso in den Mittelpunkt rückt wie bald einmal dem Hard Rock zuzuordnende Riffs und insofern durchaus beachtlich ist, gleichzeitig aber in seiner Richtungslosigkeit ermüdende Züge annimmt.

 

Deswegen fehlt es ein bisschen hier und da, würde man sich mehr von der melodischen Qualität von Proud Mary, der herausragenden Atmosphäre von Born On The Bayou oder dem locker-dreckigen Rock von Bootleg wünschen. Derlei findet man auf den übrigen Songs nur in einzelnen Passagen, wenn Fogerty stimmlich noch einmal aufdreht oder die Mundharmonika für Stimmung sorgt. Abseits davon hat man es mit passablen, stark eingespielten, aber durchgehend das gewisse Etwas vermissenden Minuten zu tun, die ein bisschen zu viel von der Tracklist einnehmen, um "Bayou Country" an einen Punkt zu bringen, wo es wirklich auch als Ganzes großartig ist. Deswegen ist das auch nur der Anfang, eine erste, vereinzelt beeindruckende Zurschaustellung der Fähigkeiten der Fogerty-Brüder, von Stu Cook und Doug Clifford. Die großen Würfe in LP-Form sollten erst noch folgen, brauchten aber nicht lange und führten die Band sehr schnell auf einen musikalischen Gipfel, der in jeglicher Hinsicht beeindruckend war. Ungefähr genauso schnell war es dann auch wieder vorbei mit der Herrlichkeit, aber Sternschnuppen sieht man ja auch nicht ewig. Und nicht ist ja erst Jänner 1969 und alles, was einem da geboten wird, zeugt von verdammt viel Potenzial eines Sounds, der so wirklich eigentlich nur mit den Worten Creedence Clearwater Revival beschrieben werden kann.

 

Anspiel-Tipps:

- Born On The Bayou

- Bootleg

- Proud Mary


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