MusicManiac Top 10

MusicManiac Top 10 - Taylor Swift Songs

Wie es sich für den klassischen Popstar in der langen Tradition Madonnas womöglich gehört, ist es mit Taylor Swift nie wirklich einfach. Man kann ihr einiges an Talent nicht absprechen und es ergibt sich immer wieder die Gelegenheit, ein paar großartige, von ihr geschaffene Minuten zu erleben. Allerdings nur, um im nächsten Moment von Kitsch und nervtötendem Trash malträtiert zu werden. Insofern ist die Ambivalenz ihr gegenüber eine fundamentale, selbst wenn man die schwierige Persönlichkeit hinter der Musik ausklammert. Aber da ist eben diese angesprochene Talent, das sie zu einer durchaus fähigen Songwriterin macht und ihr außerdem das nötige Rüstzeug für mehr als einen legitimen Welthit beschert. Und weil fast alles, was sie anfasst, um es direkt zu veröffentlichen, zu Gold zu werden scheint, braucht man auch nicht wirklich lange suchen, um über den einen oder anderen sympathischen Ohrwurm mit offensichtlichsten Qualitäten zu stolpern. Nimmt man dann auf der Suche nach ihren besten Momenten auch noch die zweite Reihe ihrer Songs unter die Lupe, ergibt sich das Bild einer zumindest phasenweise großartigen Popmusikerin.

 

erstellt am: 18.11.2018


10.

 

Safe & Sound

 


The Hunger Games: Songs from District 12 and Beyond

2012

 

Swifts Beitrag zum "Hunger Games"-Spektakel ist uncharakteristisch zurückhaltend und subtil. Das wäre wahrscheinlich nicht möglich gewesen, hätten sich nicht die Civil Wars federführend an dem Song beteiligt. Wer auch immer wirklich den größeren Anteil daran trägt, das Ergebnis ist eine in den 10er-Jahren von Swift kaum mehr für möglich gehaltene, fast komplett von poppigem Glanz befreite Country-Ballade. Das dezente Arrangement aus Akustikgitarre, Pedal Steel und nur sporadischem Aufwallen von Drums oder Streichern wird dabei interessanterweise nicht zum Nachteil für die ausbaufähigen gesanglichen Fähigkeiten der US-Amerikanerin. Im Gegenteil gelingt ihr im Verbund mit dem Duo der Civil Wars eine eindringlich unspektakuläre Performance, die sich hauptsächlich als Mischung aus großartigem Harmoniegesang und einem zerbrechlichen Hauchen erweist. Vorher nie von ihr gehört, nachher sowieso nicht und vielleicht auch gerade deswegen ein spezieller Ausreißer, der sonst tunlichst verdeckte Qualitäten zeigt.

9.

 

Sparks Fly

 

Speak Now
2010

 

Back to the pop und damit zu dem Album, das die offenkundigsten Qualitäten der US-Amerikanerin wohl am besten einfängt. Zwar kennt man sie heute kaum noch im countryfizierten Pop-Rock-Gewand, aber genau dort war einmal ihre Heimat und dort hat sie auch den ultimativen Sound ihrer Frühphase gefunden. Auf Hochglanz poliert und mit dem nötigen Rampenlicht für jede einzelne der vielen eingängigen Hooks, gleichzeitig mit einem für sie selten erreichten Höchstmaß an Gefühl für ein ausgewogenes Arrangement, dem zumindest noch kleine musikalische Eigenheiten erlaubt sind. Sparks Fly ist wohl noch die konventionellste der Hitsingles von "Speak Now", punktet aber melodisch nicht weniger als andere, bettet Swifts Stimme außerdem ideal ein und wartet außerdem mit den damals zur Perfektion gebrachten, süßlich-romantischen Geschichten auf, die ihre Domäne und ihre offensichtlichste Stärke waren.

8.

 

State Of Grace (Acoustic)

 

Red
2012

 

Und gerade weil die melodielastigen Up-Tempo-Songs für sie oft ein Heimspiel waren, hat es zumindest mir in den balladesquen Momenten ihrer Alben oft genug alles zusammengezogen. Wenige andere Musiker diesseits der Celine-Dion-Linie haben mit dem musikalischen und textlichen Kitsch so über die Stränge geschlagen wie Swift in einigen ihrer Balladen. Insofern eigentlich ein Tabubereich, der allerdings abseits der regulären LPs mitunter äußerst stark konterkariert wurde. State Of Grace war diesbezüglich zwar schon als Opener von "Red" ein starker Aufritt im erdigen, harmonischen Rock. Seine volle Stärke entfaltet der Song aber erst in der gedämpfteren Akustikversion, deren geringeres Tempo und feinfühlige Gesangsperformance ihre wohl besten, genuin romantischen Minuten hervorbringen. Dass man sich dafür von stimmlichen Echo und den wuchtigen Drums des Originals verabschieden muss, ist da alles andere als ein Verlust.

7.

 

New Romantics

 

1989
2014

 

Die neue Taylor ist anstrengend. Das und eigentlich gar nicht so viel mehr, wobei ich ihr jetzt nicht absprechen will, dass sich ihr mittlerweile hinreichend belegtes Gefühl für Pop-Hooks im synthetisierten Sound genauso geäußert hat. Aber die Texte, die Arrangements, die Stimme, all das wirkt meistens auf merkwürdige Art leblos, so lebensfroh und vermeintlich kreativ es auch eingesetzt werden mag. Ausnahmen bestätigen diese Regel, bei weitem am deutlichsten New Romantics. Dass sie den einen Track, der den Synth-Pop wirklich im besten Sinne zelebriert, zu den Bonus Tracks und damit auf die Reservebank von "1989" verbannt hat, ist einer ihrer bis heute größten Fehler. Denn die unwiderstehliche Melodie, die sich im Refrain vor einem ausbreitet, erweckt die 80er zum Leben, ohne dass man sich deswegen gleich an deren unbequeme Seiten erinnert fühlt, während aus Swift eine Lockerheit und Selbstverständlichkeit im Umgang mit ihrem neuen Sound sprechen, die man sonst auf der LP fast immer schmerzlich vermissen musste.

6.

 

Red

 

Red
2012

 

Zwei Jahre davor war die Welt allerdings auch nur bedingt in Ordnung. Einerseits kann man über "Red" sagen, dass es mit Killerhooks genauso um sich wirft wie der Vorgänger. Andererseits ist es musikalisch so zerrissen und von der einen oder anderen überdeutlichen stilistischen Fehlentscheidung geprägt, dass man damit nie wirklich glücklich wird. Deswegen muss man sich auf die Tracks konzentrieren, die die Stärken der poppigen Einfachheit am stolzesten vor sich hertragen und da ist der Titeltrack eine sichere Bank. Zwar wird nichts je den Vergleich der großen Liebe mit einer Spritztour im neuen Maserati vollends entschuldigen können, der gar nicht so billige Einsatz des Banjos, insbesondere aber der wanddicke Sound im Refrain machen diesen Makel aber bald wett. Auch weil sich die Farbenspielereien dort als stimmige Fortsetzung der in den Vorjahren von ihr zelebrierten, märchenhaften Romantik erweist und der kleine Hauch musikalischer Erneuerung mit dem elektronisch zum Stottern gebrachten "Re-e-e-ed" weniger isoliert ist, als er es eigentlich sein sollte.

5.

 

Forever And Always

 

Fearless
2008

 

Ach ja, die schüchternen Jahre der angeblichen Countrymusikerin Taylor Swift. Von Country spürt man hier zwar herzlich wenig, Forever And Always ist aber die Art von angesäuertem, enttäuschtem Abrechnungssong, die bei ihr immer aufgeht. Vielleicht deswegen, weil es die Tracks sind, die tatsächlich von ihrem eigenen Leben inspiriert sind, dabei aber weder nach ängstlichem kleinen Mädchen, noch nach sassy Pop-Queen klingen. Dass man dazu auch ein rundum organisches und stimmiges Arrangement bekommt, das die Violine und das Klavier nur ein ganz kleines bisschen unter den Gitarren begräbt, tut seiniges zum Gelingen. Unabhängig davon, dass sich rund um Swift immer schon Produzenten noch und nöcher geschart haben und ihr dementsprechend nie ein puristischer Sound gegeben war, konnte man damals eine klangliche Natürlichkeit wenigstens noch mit einigem guten Willen heraushören.

4.

 

We Are Never Ever Getting Back Together

 

Red
2012

 

Es ist nicht so, als würde ich das Hasspotenzial in diesem Song nicht erkennen. Die Monotonie der ständigen Wiederholung, der stumpfe Stampfer-Beat, diese wunderbar "natürliche" Spoken-Word-Bridge. Das sind Zeichen einer beginnenden Hyperkommerzialisierung der eigenen Musik, keine Frage. Aber es funktioniert halt. Inwiefern lässt sich meinerseits nur unzureichend beschreiben, weil ich beim Versuch immer über Begriffe wie unendliche Glattheit oder Oberflächlichkeit stolpere. Das sind dann wohl die Songs, die man unter dem unheiligen Terminus "Guilty Pleasure" einordnet, wobei ich darauf verweise, dass der Refrain in seiner Einfachheit etwas Unwiderstehliches an sich hat.

3.

 

Mine

 

Speak Now
2010

 

Zurück in hoffentlich legitimieren Gewässern und damit beim Opener von "Speak Now." Der ist mit Sicherheit das ultimative Beispiel für die nicht zu überhörenden Stärken als Geschichtenerzählerin, die Swift hin und wieder gezeigt hat. Unabhängig von allen, vielen womöglich zu plakativen, romantisierenden Angewohnheiten, die sie in ihren ersten Jahren mitgeschleppt hat, ist Mine eine Liebesgeschichte, die sich in ihrer süßlichen Machart souverän durch einen Haufen sehr realer Probleme durchkämpft und ihr Märchen mit einem Spaziergang durch die nächste Blumenwiese gleichsetzt. Unumwunden optimistisch klingt das Ganze zwar schon rein musikalisch, zur Abwechslung ist es aber doch eher ein Durchkämpfen durch allerlei Unwägbarkeiten. So nebenbei ist es ganz einfach DER Ohrwurm unter den Ohrwürmern, die Swift über die Jahre so in die Charts geschmissen hat.

2.

 

Ronan

 

Ronan
2012

 

Dieser Song stellt einen vor ein perspektivisches Dilemma. Entstanden aus Blogeinträgen, die Maya Thompson ihrem an Krebs verstorbenen Sohn gewidmet hat, ist es je nach Blickwinkel eine herzzerreißende Ballade als Tribut an Mutter und Sohn oder aber ein Cash-In auf Kosten der dahinter stehenden Tragödie. Allerdings ging das Geld an die Krebsforschung, Thompson gab vorab ihren Segen zur Veröffentlichung und absolut nichts an dem feinfühlig und ohne jeden musikalischen Kitsch gestalteten Song legt ein Interesse an den Verkäufen nahe. Stattdessen ist es eine berührende Ballade, begleitet fast ausschließlich von dezenten Akkorden der E-Gitarre und auch von Swift ohne unerwünschte Melodramatik gesungen. Das Gesamtergebnis kann einen, spätestens ab dem Moment, wo man den Ursprungs des Textes kennt, nicht kalt lassen und rührt allein deswegen zu Tränen.

1.

 

Better Than Revenge

 

Speak Now
2010

 

Es ist ein verdammt harter Übergang zu diesem Song, allerdings kommen wir da wieder zurück zur Siegformel von Forever And Always. Diesmal wird die Abrechnung mit dem Ex aber in puncto Sound allerdings direkt in den Pop-Punk verlagert, wo sich Swift nach Lust und Laune austobt und eine Zeile nach der anderen an die damalige Freundin ihres Ex-Freudnes Joe Jonas, Camilla Belle, adressiert. Dass sich das als wenig freundlich und Swift dementsprechend als einigermaßen nachtragend erweist, kann man ihr anlasten, allerdings entstammen dem einige der kantigsten Zeilen, die sie sich je erlaubt hat: "She looks at life like it's a party and she's on the list / She looks at me like I'm a trend and she's so over it." Ob man das jetzt so großartig findet, sei dahingestellt, ultimativ ergibt es aber den mit ziemlicher Sicherheit ungezwungensten und ehrlichsten Songs, den sie bisher geboten hat.

Schlusswort:

Was lehrt uns das alles? Genau, rein gar nichts! Es bleibt schwierig mit ihr und die Prognose, es würde noch schwieriger werden, ist angesichts der letzten musikalischen Entwicklungen bei Swift auch nicht allzu abenteuerlich. Aber immerhin kann man darauf bauen, dass ihr bei Zeiten ein paar Songs ausgekommen sind, an denen jede generelle Kritik an der US-Amerikanerin abperlt, weil sie sich weit über die gewöhnlichen Auswüchse ihrer Musik hinausbewegen. Nicht immer unbedingt stilistisch, wobei sie durchaus auch das drauf hat. Selbst im angestammten musikalischen Terrain hat sie aber hin und wieder den Weg zu erstklassigem Pop-Liedgut gefunden und macht es einem gerade deswegen so schwer, sie einfach nur mühsam zu finden. Auch auf dem Standpunkt beharrend, sollte sich da oben aber zumindest irgendein Song finden, den man ihr so nicht ganz zugetraut hätte.

 

Kristoffer Leitgeb, forever and always not a Swifty


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