Sportfreunde Stiller - MTV Unplugged In New York

 

MTV Unplugged In New York

 

Sportfreunde Stiller

Veröffentlichungsdatum: 22.05.2009

 

Rating: 6 / 10

von Kristoffer Leitgeb, 22.11.2014


Nur unverhofft oder doch unverdient? So oder so, die Deutschen nützen die gebotene ehrenvolle Chance.

 

Man kann ja von MTV und den im Windschatten entstandenen 'Musiksendern' halten, was man will. Da gibt es ja genug Kritik anzubringen. Aber irgendwann in den 80ern hat zumindest dieser eine Sender das Business revolutioniert und es um eine zwischenzeitlich nicht unwichtige Kunstform erweitert, die uns auch in den Genuss von ikonenhaften Videos zu Sledgehammer, Losing My Religion oder Paranoid Android gebracht hat. Musikalisch eindeutig wertvoller ist aber dann doch die Unplugged-Serie, die irgendwann in den 90ern einmal die Adelung eines Interpreten darstellen sollte. Dementsprechend sammelten sich die Auftritte von Eric Clapton, Nirvana, R.E.M. oder Oasis - allesamt in irgendeiner Form zum Klassiker mutiert - und sogar eine Teil-Reunion von Led Zeppelin schaffte man. Warum dürfen also jetzt die Bayern ran? Man weiß es nicht, aber sie schlagen sich im Akustik-Gewand wacker und liefern mehr, als man denn erwarten konnte.

 

Allen Zweifeln zum Trotz schafft es das Trio in den zum Big Apple stilisierten Münchner Studios nämlich, ihren Songs tatsächlich komplett neues Leben einzuhauchen, mitunter auch mehr als in der Originalversion je zu finden war. Das geschieht mit netter kleiner Background-Unterstützung in Form von Streich-Quartett, Bläser-Trupp und Chor. In der Besetzung mutet die Eröffnung mit dem fußballaffinen Gassenhauer Ich, Roque zu Beginn noch gewöhnungsbedürftig an. Was anno dazumal eine nette, im Synthie-Rock angesiedelte Hommage an Roque Santa Cruz - seines Zeichens ehemaliger FC Bayern-Stürmer - war, wird hier zu einer etwas unheilvollen Kombination aus aggressiven Streichern und monotonen Klavier-Akkorden. Die Melodie muss vom Gesang kommen und wer Peter Brugger kennt, der weiß, wo das hinführt. Zur lockeren Einstimmung reicht's trotzdem.

 

Auch weil schon hier etwas offensichtlich wird, was sich später stärker zeigen sollte: Stimmliche Verbesserungen sind kaum zu leugnen. Nun ja, übertreiben wir es nicht. Bruggers konstante Unfähigkeit sich des Singens zu bemächtigen ist aber in dieser von Natürlichkeit und Lockerheit geprägten Atmosphäre weit weniger von Nachteil als auf den teils biederen Studiomaterialien. So wird Fan-Liebling Ein Kompliment zur starken, von den Drums getriebenen Vorstellung, deren Charakter auch dank der guten Streicher-Parts weit sympathischer scheint als im Original, allein wegen der ungleich passenderen musikalischen Untermalung. Und auch die anderen Erinnerungen an die frühen Tage der Band, Fast Wie Von Selbst und Siehst Du Das Genauso? gelingen ordentlich, machen ihre Sache als melancholisch angehauchtes Zwischenspiel nicht schlecht. Leider greift man bei beiden mit der teils überbordenden Hintergrundbegleitung ein gutes Stück daneben.

 

Dass die Band auch bei den eigenen Klassikern, falls man sich die so zu nennen traut, zum Vergessen sein kann, beweist das schräge 7 Tage, 7 Nächte. Es ist sicher der größte Schritt weg vom Original, der sich mit merkwürdigen Rhythmen, markantem Kontrabass und monologartigen Strophen als äußerst schwierige Kost erweist. Spätestens dann, wenn gegen Ende Polka-Feeling und ein fraglos verzichtbares Gedicht zum Vorschein kommen. Zum wirklichen Stolperstein werden aber die Cover-Tracks einerseits, ein unnötiger Ausflug ins Spanische mit ¡Vamos! andererseits. Warum es als Closer dann auch ausgerechnet Ich War Noch Niemals In New York mitsamt Gastauftritt vom gealterten Udo Jürgens braucht, es bleibt fraglich. Der Track wird zum Langweiler des Albums, unterscheidet sich in Wahrheit nicht relevant vom Original. Zusammen mit dem in Akustik-Form unplatzierten The Subways-Song Rock'n'Roll Queen, mit Unterstützung der Band und für die Platte untypisch gehetzt interpretiert, tun sich dann eben doch reichlich Löcher auf.

 

Diese zu füllen ist eine Aufgabe, die andernorts aber mitunter bravourös gelingt. Sowohl in dem mit starkem Bläser-Satz versehenen Der Titel Vom Nächsten Kapitel, als auch bei Wunderbaren Jahren, dem mit abgehacktem Beat, Kontrabass und großartiger zweiter Up-Beat-Hälfte mitsamt Banjo Leben eingehaucht wird, gelingt dem Trio ein Upgrade zu den Originalen. Zum einen hätte man eine verquer-humorvolle Selbstfindungsdarbietung, die andere Seite markiert zwischen Hoffnung und Wehmut steckende Einfachheit, die sich zwar nie aus dem Rahmen des allzu Offensichtlichen zwängt, der es dafür aber zumindest in dieser Version nicht an Ehrlichkeit mangelt. Die in beeindruckender Manier alles Übrige überstrahlenden Minuten tun sich aber weit früher auf. Lass Mich Nie Mehr Los hat ohne Frage den Vorteil, als eigens für diesen Abend kreierte Nummer perfekt ins Akustik-Gewand eingepasst zu sein. Und das, obwohl man sich der sonst so exzessiv genutzten Unterstützung im Hintergrund kaum bedient, lediglich Bläser in der Bridge kurz zu Hilfe nimmt, die Streicher gegen Ende gekonnt zum Arrangement addiert. Abseits davon ist es eine Minimalisten-Performance rund um das Klavier, die aber mit ihren wahllos zusammengesetzten Reimen eine Ode an die berührend dümmliche Seite der Liebe.

 

Damit schließe ich auch. Man soll ja immer mit etwas Positivem enden, warum nicht gleich mit dem Positivsten? Und zusammenfassend lässt sich dann wirklich ein freundliches Fazit für die oft gescholtenen Bayern ziehen. Denn das Trio meistert diese Hürde, sich gerade bei solch einer ehrenvollen Aufgabe möglichst teuer zu verkaufen. Dass das dann trotzdem nicht zum großen Wurf, zu einer in allen Facetten fesselnden Performance wird, ist eine höchst triviale Erkenntnis. Gelungene Minuten bietet die Band bei ihrem Trip nach 'New York' aber allemal, kaschiert damit die musikalischen Schwächen und unnötige Fehlgriffe mitunter gekonnt. Ein Blick auf die Setlist des Konzerts verrät, das Album hätte mit der richtigen Songwahl noch besser sein können, aber man muss ja nicht immer kleinlich sein.

 


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