Red Hot Chili Peppers - Californication

 

Californication

 

Red Hot Chili Peppers

Veröffentlichungsdatum: 08.06.1999

 

Rating: 8 / 10

von Kristoffer Leitgeb, 19.12.2014


Das Comeback von John Frusciante wird auch zur qualitativen Rückkehr, wenn auch ruhiger denn je.

 

Schon gehört? Arnie dreht wieder fleißig Filmchen. Gut, nicht DIE Neuigkeit, immerhin ist sein Leinwand-Comeback doch ein Zeiterl her. Das Comeback unseres coolen österreichischen Roboters aus der Zukunft mit dem merkwürdigen Akzent ist da schon aktueller. Der Terminator ist back und, nein, nicht die blöde Version ohne Mr. Universum, sondern die mit dem ehemaligen Anabolika-Freund. Naja, was hat er auch sonst zu tun, nachdem ihn diese Clinton-esque Sex-Eskapade aus dem Sonnenstaat Kalifornien vertrieben hat? Wirklich schade, immerhin hat er mit seinen jährlichen Schwankungen in puncto Todesstrafe und seiner Offenheit für Weed und Homosexuelle ein bisschen Entertainment in die spröde Politik gebracht. Wo wir gerade von Kalifornien reden, könnten wir gleich bei "Californication" weitermachen. Wegen der akustischen Ähnlichkeit und auch irgendwie wegen Musikwebsite und Review und so, eh schon wissen. Widmen wir uns also der erfolgreichen Rückkehr an die Spitze für Kiedis und Co.

 

Wobei der Ehrlichkeit halber vielleicht Frusciante und Co. etwas näher bei der Wahrheit ist. Ein Unkundiger, der glaubt, der Ausstieg des Gitarristen und der so la-la Release "One Hot Minute" wären rein zufällig aufeinander getroffen. Aber, ein anderes Wobei sagt auch, dass die überstandene Drogenkarriere und das damit verbundene Erwachsenwerden des Sängers irgendwie mit drinhängt. Egal, viele Wege führen nach Rom und der ehemalige Nabel der Welt ist in diesem Fall ein dem Funk-Rock abgewandter Megaseller, der sich mit bestem Wissen und Gewissen für weniger Tempo, weniger offensiven Sex-Appeal und weniger Jam-Sessions, dafür mehr berechnende Genauigkeit entscheidet. Ein Gewinn auf vielen Ebenen, sorgen doch die melodischen und atmosphärischen Songs, die hier in einer Vielzahl auftreten, für so manchen Genuss. Kommerziell klug durfte einiges davon Hitsingle werden, so wie Scar Tissue, dessen beschwingte Rhythmen und geschmeidig-simple Gitarrenspielereien für eine ruhige Unterlage zum besungenen Drogenkampf bieten.

 

Das ist allerdings nur die doch etwas verdreckte Spitze des Eisbergs, denn ein Vorausblick auf spätere Alben wie das dezent soulige The Velvet Glove überzeugt mit den gekonnten Wechseln zwischen seinen leichten, bassgetriebenen Strophen und Frusciantes knappen Ausbrüchen im Refrain. Daneben gibt's den Hollywood bekritelnden Titeltrack zu bestaunen, der mit seinem präzisen Paarlauf von Bass und Gitarre zum smoothen Dauerbrenner wird. Oder man gibt sich einfach der Ode an den früheren Gitarristen Hilel Slovak, Otherside, hin und hört so eine markante Darbietung von Flea, eines der vielen starken Gitarren-Soli, aber auch ein starkes Ausrufezeichen aus dem Bereich der bandeigenen Textverarbeitung, die sowohl inhaltlich als auch gesanglich zu gefallen weiß. Immerhin wird der Tod des Freundes gekonnt poetisch besungen:

 

"Centuries are what it meant to me

A cemetery is where I marry the sea

Stranger things could never change my mind

I've got to take it on the otherside"

 

Gänzlich untypisch ist es ja nicht, dass die ruhigen Phasen der RHCP-Alben herausstechen, schon 1991 war es ähnlich. Die vielfältigen Erinnerungen an die musikalische Vergangenheit der Band, also jene Tracks, die zumindest teilweise Funk ausdünsten, machen sich aber doch etwas weniger glorreich als damals. Soll nicht heißen, da wäre wirklich der Wurm drin, aber so ganz flüssig läuft das Werkl dort nicht. Around The World gibt sich als gekonnt kraftvolle Eröffnung, prescht mit seinem grandiosen Intro los, nur um zwischendurch für Fleas zupfenden Exhibitionismus doch unvorteilhaft abzubremsen. Trotzdem bleibt dank Frusciantes Ausritten viel Gutes, was sonst wohl nur das großartig unruhige I Like Dirt erfüllen kann. Dort dreht auch Chad Smith an den Drums etwas auf, sorgt so für ein soundtechnisches Gewusel, dass sich als Aktivposten erweist. Dafür gibt's mit Tracks wie Get On Top, dem trägen Purple Stain und dem bis ins Nirvana verzerrten Emit Remmus - toller Refrain, sonst nicht viel im Angebot - auch genug Momente, die einem den Durchschnitt vor Augen führen. Nicht zu vergessen Kiedis' Lyrics, die dann doch ganz plötzlich wieder den irgendwo zwischen anstrengend und widerwärtig steckenden Sexgott präsentieren, der er früher schon war. Angesichts des mäßigen Spaßfaktors ein Fehler.

 

Ein Wort, das uns flugs zur von allen Seiten zu Tode kritisierten Produktion bringt, die einem Songs in einer Lautstärke präsentiert, dass selbst dem ungeübtesten Ohr zwischendurch Ungereimtheiten auffallen. Solcherlei finden sich im potenziell brillanten Parallel Universe, dessen Refrains in reinen Krach ausarten, aber auch in Easily, dessen starke Gitarrenarbeit gedämpft und platt wirkt. Nettes Detail am Rande, selbst wenn produktionstechnisch daneben gehaut wurde, für das eingespielte Material gilt das kaum. Schlecht unterwegs ist man auch da nämlich nicht. Trotzdem tut man gut daran, zum Ende auf großes Tamtam zu verzichten und mit Road Trippin' einen vom fragwürdigen Abmischen komplett unberührten Akustiksong zu präsentieren. Der zeigt sich sogleich als stimmungsvoller Abschluss mit dezenten Streichern und einem auch an der Akustikgitarre nicht zu verachtenden Frusciante. So entpuppt sich der lockere Closer bald als Favorit.

 

Diese dem musikalischen Understatement verschriebene Ruhe, sie könnte ruhig öfter da sein. Oh, warte, ist ja da. Hab sogar oben darüber geschrieben. So gewinnt die Band mit Sicherheitsabstand. Nicht alles ist perfekt, die Produktion krankt bei Zeiten und die überdrehten, manischen Funk-Rocker sind erstens Geschichte und zweitens wenn herauszuhören nicht oft eine Bereicherung. Ist aber ziemlich egal das Ganze, denn die starken Momente überwiegen eindeutig, bieten die Kalifornier erstmals auf Albumlänge in der weiten Welt des poppigen Alt Rock und bescheren einem damit genug großartige Minuten. Was den Erfolg angeht, heißt es für das Quartett also mit Sicherheit nicht: 'Hasta la vista, Baby!' Wo wir gerade bei 'Hasta la vista, Baby!' sind, könnten wir doch gleich mit Arnold Schwarzenegger weitermachen, der hat nämlich seine Schauspielkarriere wieder zum Leben erweckt. Oh, warte...

 


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