Kid Rock - Rock 'n' Roll Jesus

 

Rock 'n' Roll Jesus

 

Kid Rock

Veröffentlichungsdatum: 09.10.2007

 

Rating: 3.5 / 10

von Kristoffer Leitgeb, 07.03.2014


Im Blues-Rock genauso eine Niete wie im Rap-Rock. Aus Robert James Ritchie wird nichts mehr.

 

Kid Rock ist eine coole Sau! Zumindest scheint das die einhellige Meinung zu sein, wenn man niemanden fragt, außer ihn selbst. Der US-Amerikaner ist, das hat wohl schon jeder gemerkt, der irgendwann mit ihm oder seiner Musik in Berührung gekommen ist, gesegnet mit einem überproportional großen Selbstvertrauen. Überproportional deswegen, weil nach mittlerweile über zwei Jahrzehnten im Musikgeschäft noch immer nichts von ihm gekommen ist, das man als wirklich gut - "Devil Without A Cause" darf man mögen, das ist erlaubt -, geschweige denn revolutionär bezeichnen könnte. Deswegen ist auch ein Titel wie "Rock 'n' Roll Jesus" eher mit Vorsicht, vielleicht sogar mit einem ordentlichen Schmunzeln zu genießen.

 

Zumindest den Rock 'n' Roll-Part kann man aber bestätigen. Denn die Zeiten als Kid Rock zu mieser Hard Rock- bis Metal-Musik noch miesere Rap-Parts dazu bastelte, die sind vorbei. Stattdessen gibt's Blues-Rock, Country und mehr Pop denn je. Auch nicht schlecht, mag so mancher denken. Ist es doch. Seine gute Seite kann der Amerikaner nämlich nur zu Beginn zeigen.

Dort erwartet einen die gebündelte Kraft der fünf Singles und die ist dann zumindest sporadisch eindrucksvoll. Der Titeltrack überzeugt da als starke, trockene Rock-Eröffnung mit AC/DC-Sample, anziehendem Riff und durchaus ansprechender Leistung von Kid Rock als Sänger. Dazu gesellen sich Bläser-Sätze und großartige Background-Sängerinnen, die dem Ganzen 70er-Charme verleihen. Nachfolgend kommt schwache Gospel-Kost in Form von Amen und der uns allen zur Genüge reingedrückte Hit All Summer Long, für den sich Ritchie in Wahrheit weniger schämen muss, als ihm von vielen Seiten vorgehalten wird, kann man dem Track mit seinem Sweet Home Alabama-Sample doch nicht den Ohrwurm-Charakter absprechen. Als wenig überwältigender, allemal aber starker Album-Favorit entpuppt sich überraschend die ruhige Blues-Nummer Roll On, die mit lockeren Gitarren, dezenten Drums und eingestreutem Piano hier und da einen mehr als sympathischen Flow zusammenbringt.

 

Spätestens nach So Hott, Kid Rocks Verbeugung vor AC/DC mit hartem Riff, stampfenden Drums und peinlichem Text - die Musik sticht den hier allerdings aus - ist aber Feierabend. Qualitativ zumindest, denn über die Hälfte der LP wartet noch sehnsüchtigst, gehört zu werden. Das will man, wie man bald merkt, aber so gar nicht. Nach der äußerst unliebsamen Erinnerung an alte Rap-Rock-Tage mit Sugar wird Kid Rock nämlich zu einem hoffnungslosen Softie. Alle schlechten Eigenschaften des Country-Pop kehrt er da zusammen, um When U Love Someone und das bemerkenswerterweise noch kitschigere Blue Jeans And A Rosary aus dem Hut zu zaubern.

Da passieren zu viele Fehler, um sie alle aufzuzählen, aber allein die katastrophal schwülstige Streicher/Pedal Steel-Kombination von Blue Jeans And A Rosary reicht und die komplett unpassenden Performances von Kid Rock geben ein gutes Gesamtbild, vor allem, wenn man dann noch weiß, das Zeilen wie "At a bar in Tennessee / I met an angel to rescue me [...] She wears a smile, heart on her sleeve / Don't give a damn what the world thinks of me" auf einen warten. Wenn das jetzt nicht von der netten, kleinen Taylor Swift gesungen wird, sondern von einem mit kerniger Stimme ausgestatteten Mittdreißiger, dann hat das schon etwas dezent Peinliches an sich.

 

Einzig der Abschluss der Platte kann noch einmal etwas überzeugen. Closer Lowlife (Living The Highlife) ist wohl der einzige Track, dem der dominierende Country-Sound nicht schadet, geht mit ordentlichem Riff, starken Bläsern und vor allem weit mehr Leben als Vieles davor gehörte sicher in die richtige Richtung. Überhaupt scheint der neue Kid Rock der Aufgabe, ein Album zu kreieren, nicht viel mehr gewachsen zu sein als sein früheres Ich. Der Verlust von schlechtem Rap und schwachen Hip-Hop-Beats ist ganz eindeutig kein schmerzlicher, nur gewinnt man mit dem Country-Rocker, der einem hier präsentiert wird, so verdammt wenig. Nur zu Anfang, wenn noch eher die rotzige Version von ihm durchkommt und harte Rock-Nummern zu hören sind, geht "Rock 'n' Roll Jesus" halbwegs auf, bringt sogar einen Überraschungstreffer wie Roll On hervor. Aber wer geglaubt hat, das Problem hinter Kid Rock ist seine kindische Art, der irrt. Der kann noch nicht einmal ordentlich erwachsen werden.

 

Hätte man also das Album auch gut und gerne auf drei, vielleicht vier Songs stutzen können. Die Probleme sind auch diesmal wieder vielfältig, wenn auch andere als Jahre zuvor. Kid Rock schreibt zuckersüße (im negativsten Sinne des Wortes) Country-Schnulzen, schwingt die Produktionskeule, wie es seit Ende der 80er schon nicht mehr In ist und schleudert einem dazwischen dann doch wieder seine üblichen musikalischen Unsympathler in Form von Rap Rock (Sugar) oder einer nicht enden wollenden Blues-Nummer wie New Orleans hinein. Aus ihm ist also auch weiterhin nicht allzu viel herauszuholen, so sehr man es auch versuchen will - wir wollen eigentlich ohnehin nicht, aber vielleicht ja sonst irgendwer. Kid Rock ist also kein neuer Messias am Rock-Himmel, wie er das großspurig im Opener versprochen hat, viel eher ist er eine Karikatur genau dieses unerreichbaren Ideals.

 

Anspiel-Tipps:

- Rock 'n' Roll Jesus

- Roll On


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