Jefferson Airplane - Jefferson Airplane Takes Off

 

Jefferson Airplane Takes Off

 

Jefferson Airplane

Veröffentlichungsdatum: 15.08.1966

 

Rating: 6 / 10

von Mathias Haden, 23.11.2013


Ein Jahr vor dem 'Summer of Love' hebt die Airplane erstmals ab und deutet bereits leise an, was kommen wird.

 

Wieder so eine legendenumwobene Band aus den musikalisch so aufregenden Sechzigern. Die Geschichten rund um die einflussreiche Psychodelic-Band um Paul Kantner und Grace Slick gehören heute ebenso zum Mythos wie die berühmten Songs White Rabbit und Somebody To Love sowie die hochgejubelte LP Surrealistic Pillow. Kein Jahr vor diesen Höhenflügen befand sich das 'Flugzeug' aber noch auf seiner Startbahn. Im Herbst 1966 kam das erste Album, noch ohne besagte Grace Slick als Sängerin und ohne Spencer Dryden, in die Läden und konnte überraschenderweise auf sich aufmerksam machen. Heute steht die Band für das Paradebeispiel für den tiefen Fall einer Band bzw. dem tiefen Sinkflug eines Flugkörpers.

 

Aber davon war 1966 noch nicht die Rede. Auf Takes Off war noch Signy Toly Anderson die weibliche Gesangsstimme und Skip Spence der Drummer. Beide verließen die Band kurz nach der Veröffentlichung des Albums und machten die Bühne frei für den aufkommenden Erfolg der Band. Komplettiert wurde die Band übrigens von Langzeitmitgliedern Paul Kantner (Vocals, Rhythm Guitar), Jack Casady (Bass), Marty Balin (Vocals, Rhythm Guitar) und Jorma Kaukonen (Lead Guitar).

Ein gutes Stück entfernt von der hereinbrechenden Love & Piece-Welle des 1967er-Jahres, bei der die Band zu den führenden Acts gehörte, begann die Karriere mit lockereren, vom Folk-Rock beeinflussten Klängen.

 

Mit gerade einmal einer halben Stunde Laufzeit ist das Debüt der Band eine recht dankbare Angelegenheit. Kein einziger Track erreicht die Vier-Minuten-Marke, kein Vergleich zu dem 9 Minuten-Instrumental Spare Chaynge vom dritten Longplayer After Bathing At Baxter's. Überhaupt lassen sich schwer Vergleiche zum späteren Schaffen ziehen. Kaukonens gewöhnungsbedürftig hartes, aber signifikantes, am Blues Rock angelehntes Gitarrenspiel der psychodelischen Periode bleiben am Erstwerk fast gänzlich aus, sein Talent für starke Riffs deutet sich aber zumindest an. So dominiert hier Sänger Marty Balin, der auch den größten Anteil am Songwriting inne hatte und den man ganz offensichtlich als Leader dieser Inkarnation der Gruppe ansehen kann. Apropos: Das schöne, bandtypische Element des mehrstimmigen Gesangs wurde bereits auf dem Debüt aufgegriffen.

 

Signy Toly Anderson mag nicht die charismatische Powerfrau, oder gar die 'schönste Frau in der Rockmusik' sein, in deren Rolle Nachfolgerin Slick später springen würde. Dennoch, diese Dame hat ganz schön viel Kraft in der Stimme und bietet eine sehr gute Alternative für die weibliche Stimme. Besonders beeindruckend kommt diese in Chauffeur Blues, dem einzigen Track auf dem sie die Hauptstimme bieten darf. Der ungeschulte Jefferson Airplane-Hörer sollte sich nebenbei nicht von Balins femininer Stimme täuschen lassen.

 

Man kann schon behaupten, dass hier eine wirklich intakte Band am Werk war, nicht wie bei anderen Bands dieser Zeit, die mehr oder weniger nur aus einzelnen, fähigen Musikern bestanden (z.B. Buffalo Springfield). So fügen sich die drei Gesangsstimmen gut mit den sanften Gitarrenklängen und vor allem Casadys starkem Bassinput zusammen.

 

Obwohl der 'Summer of Love' noch ein Jährchen in der Zukunft lag, deuten einige Texte schon auf die bevorstehende Liebesepidemie hin. Sowohl in bandeigenen Kompositionen wie It's No Secret, als auch in dem tollen Youngbloods-Cover Let's Get Together wird die Thematik immer wieder aufs Neue in den Fokus gestellt. Letzteres hätte mit einer Hook à la

 

"Hey, people now,

Smile on your brother

Let me see you get together,

Love one another right now"

 

sogar das Potential gehabt, eine der Parolen der Hippiebewegung darzustellen. Dazu noch das berührende Come Up The Years, das von der Liebe eines älteren Mannes zu einer jüngeren Frau/einem jüngeren Mädchen handelt: "I ought to get going / I shouldn't stay here and love you / More than I do / Cause you're so much younger than I am / Come up the years, come up the years / And love me, love me, love me". Der Rest ist vom Textwriting her auch recht gelungen, auch wenn die wirklich großen Songs erst später folgen sollten.

 

Diesem Fehlen von konstant starkem Songmaterial ist es auch geschuldet, dass der erste Versuch im Bandkatalog gerne mal übersehen wird. Tracks wie Tobacco Road oder Let Me In sind gute Songs, aber keine Offenbarungen wie etwa White Rabbit oder Rejoyce. Ein weiterer kleiner Minuspunkt bleibt dann auch noch die Aufteilung. So stehen die drei stärksten Songs der LP unmittelbar hintereinander. Ironischerweise sind es derer zwei, auf denen nicht Balin, sondern Paul Kantner die Lead-Vocals beisteuern darf.

 

Gesamt gesehen ist Takes Off ein solides Debütalbum, dessen Reputation aufgrund der späteren Glanztaten verständlicherweise nicht die Beste ist. Vieles, wofür die Band heute ihren Status als Kultband genießt, deutet sich hier schon an. Jeder der hier Anwesenden (mit Ausnahme der ausgestiegenen Anderson) arbeitete weiter beherzt an seinen Fähigkeiten und sollte schon bald ein neues Level erreichen. Die Airplane befand sich mit diesem ersten Projekt im Anflug und sollte erst mit dem Stilwechsel zu harten, psychodelischen Klängen in höchsten Höhen fliegen, mit Grace Slick an Bord.

 


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