Elton John - Don't Shoot Me, I'm Only The Piano Player

 

Don't Shoot Me, I'm Only The Piano Player

Elton John

Veröffentlichungsdatum: 26.01.1973

 

Rating: 7.5 / 10

von Mathias Haden, 18.02.2014


Großartiges Übergangswerk und eine unterhaltsame Mischung aus Dramatik und Vergnügen.

 

Wer Anfang der Siebziger schon bzw. noch bei klarem Verstand war, der weiß genau, was das heißen sollte. Feminine Kostüme, viel Schminke und Glitter und sogar Androgynität waren angesagt. So schwer diese Gegenbewegung zum Progressive Rock heute nachzuvollziehen scheint, so logisch und selbstverständlich waren die Auftritte von Marc Bolan, David Bowie, Roxy Music oder eben Elton John. Dieser war zu jener Zeit auf seinem Weg nach ganz oben und arbeitete an seinem nunmehr sechsten Studioalbum, das nur einige Monate vor seiner erfolgreichsten LP Goodbye Yellow Brick Road erscheinen sollte. Und während sich die Glambewegung der frühen 70er langsam verabschiedete und erst im nächsten Jahrzehnt wieder eifrig aufgegriffen wurde, blieb uns Sir Elton John im Gegensatz zu anderen Riesenhits dieser Zeit bis heute erhalten.

 

Nach seinem Aufstieg zum Superstar mit seiner fünften LP Honky Château wandte sich John ein wenig vom Rock ab um sein poppigstes Album bis dato aufzunehmen. Dabei fanden sich bei den Sessions wieder seine Mitmusiker Davey Johnstone (Gitarre, Mandoline u.a.), Dee Murray (Bass) und Schlagzeuger Nigel Olsson ein, mit denen er schon in den vergangen Jahren musizierte und die schließlich integraler Bestandteil seiner Elton John Band wurden.

Übrigens wurde das Album zum meistverkauften des Jahres in den UK.

 

Nach Ausflügen in verschiedenste Terrains, von Prog bis Country nun also Pop. Das hält John aber dennoch wieder nicht davon ab, auf dieser zehn Track schweren Platte in unterschiedliche Richtungen zu laufen. Diesmal erstreckt sich die musikalische Bandbreite vom balladesken Opener Daniel über Hard Rock bis zu 50s-Rock 'n' Roll in Crocodile Rock.

Ersterer berührt vor allem durch sein sanftes Arrangement und zuckersüße Strophen wie:

 

"Daniel is traveling tonight on a plane

I can see the red tail lights heading for Spain

Oh and I can see Daniel waving goodbye

God it looks like Daniel, must be the clouds in my eyes"

 

Überzeugend auch das Zusammenspiel zwischen Johns elektronischem Piano und den passenden Synthesizern.

 

Die Chemie zwischen den Mitgliedern scheint ohnehin zu stimmen. Sogar Johnstones merkwürdiger Sitar-Einsatz im wehmütigen Blues For Baby And Me funktioniert überraschenderweise. Und auch sonst wirkt die Band topmotiviert und scheint Spaß am gemeinsamen Musizieren zu haben.

Das spiegelt sich dann auch in den Tracks wieder, die beinahe durch die Bank positiv abschneiden. Die Geschichte vom verliebten Schüler in Teacher I Need You hätte 1973 wohl kein Entertainer besser bringen können als John, der zu dieser Zeit noch ein heimliches oder unbewusstes Leben als straighter heterosexueller Mann führte ("Oh teacher I need you like a little child / You got something in you to drive a schoolboy wild").

 

Romantisch wird es auch mit Closer High Flying Bird, mit seinem berührenden Text und seinen bezaubernden Background-Harmonien der anderen Bandmitglieder. Dazu kommt noch der Kracher und erste Singleauskopplung in Form von Crocodile Rock, den man aus dem Radio kennt und bei dem man irgendwie automatisch an die 'Eis am Stiel'-Reihe denken muss. Mit seinem flotten Tempo und diversen Referenzen aus den Fünfzigern wurde der Song neben der ersten Nummer 1 zum frechen Retro-Dance-Rocker.

Außerdem gibt es noch eine Hommage an Kumpel Bolan im braven I'm Gonna Be A Teenage Idol und einen Haufen Dramatik im Blockbuster Have Mercy On The Criminal, mit dickem Orchester und starker Gesangsleistung Johns.

 

So mäandert der Piano Player frech durch die verschiedenen Stile der knapp über 40 Minuten und erinnert nicht nur wegen des Covers an eine Ansammlung spannender verfilmbarer Geschichten. Außerdem wird das Niveau ziemlich konstant auf hoher Stufe gehalten, ohne dass jeder Track zur Jahrhundertaufnahme wird. In die andere Richtung geht es allerdings auch zweimal, wenn auch nicht weit. Der Midnight Creeper kommt nämlich wie eine plumpe Routinenummer und wie ein Versuch, dem Album eine rockige Note zu verpassen. Daneben gibt es noch den recht schwachsinnigen Texan Love Song, der zwar nicht wirklich überzeugen kann, aber auf keiner anderen LP wohl besser aufgehoben wäre. Die recht deutliche Message und Kritik ("So it's Ki yi yippie yi yi / You long hairs are sure gonna die") kommt zwar ganz gut an, überdecken tut es die offensichtlichen Schwächen des Songs aber nicht.

 

Mit Don't Shoot Me I'm Only The Piano Player rechtfertigte John den Erfolg seiner Vorgängerscheiben und festigte seinen festen Platz im Business. Obwohl nur wenige Tracks an die Kaliber des im selben Jahr veröffentlichten Nachfolgers herankommen, so ist es ein weitaus homogeneres Album, dessen Charme über die Güte seiner einzelnen Bestandteile hinausgeht. So liefert John mit seinem fünften Stück ein wunderbar konstantes Werk, einige seiner bekanntesten Songs und vor allem einen großartigen Übergang zwischen dem Rock von Honky Chateau und dem Glam-Pop vom fantasievollen und kreativen Meisterwerk Goodbye Yellow Brick Road. Und wie gesagt, meistverkauftes Album 1973 kann sich auch sehen lassen. Alles richtig gemacht, Elton!

 

Anspiel-Tipps:

- Daniel

- Crocodile Rock

- High Flying Bird


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