Bob Dylan - Together Through Life

 

Together Through Life

 

Bob Dylan

Veröffentlichungsdatum: 28.04.2009

 

Rating: 6 / 10

von Daniel Krislaty, 24.05.2014


Beachtlicher Tapetenwechsel einer Legende, der das gewisse Etwas jedoch vermissen lässt.

 

Wenn es nach Dylan geht, soll der 2. Frühling seiner scheinbar endlosen Karriere noch länger anhalten, durfte man ihn doch seit seiner 1996 erschienen Platte Time Out of Mind nach Meinungen von Fans als auch Kritikern wieder bei alter Stärke sehen. Und obwohl ihm diese langlebige Wende wohl kaum jemand zugetraut hätte und bereits einige auf erneute Misserfolge warten bzw. eingestellt sind, möchte der in die Jahre gekommen Folk-Haudegen seinen Siegeszug weiter fortsetzen und Jahresendlisten bzw. Grammy-Verleihungen dominieren. Wenngleich Letzteres zumindest partiell gelungen ist, bleibt ein kollektives Jubeln um Together Through Life zu Recht aus.

 

Mit zunächst unsicherem Argwohn lässt man sich von den bereits stark beanspruchten Stimmbändern der Kultfigur Kurzgeschichten erzählen, rätselt über die eine oder andere undeutlich gesungene Textpassage und zeigt sich von der dahinplätschernden musikalischen Begleitung – sagen wir mal - überrascht. Eindrücke des ersten Durchgangs, der nicht viel von dem einhält, was der Name am irgendwie unpassenden Cover eigentlich verspricht. Lyrics zurechtgelegt, Ohren gespitzt, doch auch weitere Versuche brechen wie Wellen an den Felsen der eigentlich gar nicht so maßlosen Erwartungen.

 

'#What happened?' mag sich der moderne 'Twitterer' - was für ein schreckliches Wort – in Person eines pickligen Frevlers, der "Like a Rolling Stone eigentlich ganz gut findet", wohl denken, welcher mit Dylan an sich doch eigentlich sowieso am falschen Dampfer gelandet ist und sich dessen gerade bewusst wird. Nein, mit Together Through Life geht Dylan klarerweise nicht auf Fan-Frischfleisch-Jagd, sondern betreibt nach eigenem Verständnis eher Gegenteiliges, nämlich Fan-Service. Auf This Dream of You bzw. I Feel a Change Comin' On teilt er wieder mal einen Traum mit seinem Publikum und bemerkt ausstehende Veränderungen, die sich hier jedoch lediglich im Rahmen einer fiktiven Liebesbeziehung entwickeln. Etwas gefinkelter nimmt er sich selbst dann jedoch im Text von If You Ever Get to Houston auf die Schaufel, als dass er das Konzept des tiefemotionalen If You Ever See Her, Say Hello von Blood on the Tracks im neuen Kontext der alten Tage des Wilden Westens paraphrasiert. Er selbst schlüpft dabei in die Rolle eines betagten Zeitgenossen der seinen imaginären Gesprächspartner großspurig von seinen Erlebnissen und Erfahrungen in den besungen Städten berichtet.

 

Doch bevor ich mich hier in meinen eigenen Interpretationen verstricke, sprechen wir Mal über den für seine Verhältnisse teils eher bescheidenen lyrischen Output. Hand in Hand mit der sehr monotonen dreiviertel Blues-, viertel Folk-Rock-Begleitung - eine Kombination für die Dylan auf dieser Platte besonders viel übrig hat - geht das maue Shake Shake Mama, welches praktisch aus acht eintönig abstrakten Strophen besteht sowie ohne Refrain oder sonstigem auskommt. Die ersten beiden der stets 3-zeiligen Einheiten sind dabei jeweils ident und durch zusammenhangs- bzw. gegenstandslosem Geschwafel gekennzeichnet. Raus kommen 3,5 Minuten, die mir keiner rückerstattet und mir mit viel Pech sogar einen garstigen Ohrwurm bescheren. Auch mit Jolene setzt sich Dylan garantiert kein weiteres Denkmal. Zwar weiß der kompetent zugestellte Blues zu überzeugen, jedoch lässt der gekrächzte Text abermals die Augenbrauen ungläubig nach oben wandern. Irgendwann sollte man eben auch lernen, seinem Alter entsprechend die Feder zu schwingen, was dem unverbesserlichen Schlitzohr bis auf manche Ausnahmefälle eigentlich gut gelingt. Hier lässt er wieder einmal seiner juvenil-naiven Seite freien Lauf und es entstehen Zeilen wie:

 

"I’ll sleep by your door, lay my life on the line

You probably don’t know but I’m gonna make you mine

 

People think they know, but they’re all wrong

You're something nice, I’m gonna bet my dice

I can’t say I haven’t paid the price"

 

Hingegen toll inszeniert tritt der Opener Beyond Here Lies Nothin' in Erscheinung. Instrumental sitzt jeder Steel-Guitar-Zupfer und auch die Trompeten- wie Akkordeoneinsätze waren die eindeutig richtige Entscheidung. Das Kraut fettig machen dann auch noch des Maestros sensitive Zeilen über zwei scheidende Liebende. Ein Stück weit natürlicher wirkt dagegen das recht einfach gestrickte Life Is Hard, mein persönlicher Favorit des gesamten Werkes. Oberflächlich lediglich von einer Mandoline begleitet, verzichtet Dylan hier auf ein großspuriges Bluesaufgebot, um sich einer bittersüß melancholischen Folk-Ballade hinzugeben.

 

"Ever since the day,

The day you went away

I felt that emptiness so wide

I don't know what's wrong or right

I just know I need strength to fight,

Strength to fight that world outside"

 

Bob Dylan und seine begleitende Entourage lassen einen mit Together Through Life bestimmt nicht frohlockend vom Sessel springen und am Tisch tanzen, trotzdem bleibt nichts anderes übrig, als diesem Spätwerk den gebührenden Respekt zu zollen. Nach so vielen Alben und noch mehr Jahren macht sich die umjubelte Ikone doch tatsächlich daran, ein Bluesalbum zu produzieren, vergisst dabei zwar seine Wurzeln nicht, riskiert jedoch sehr wohl einiges. Dieser Risikobereitschaft heraus folgen vielleicht nicht durchgängig hochwertige Lieder, doch beweisen, dass Dylan sich selbst nach so langer Zeit keine Grenzen setzen möchte.

 

Anspiel-Tipps:

- Life Is Hard

- Beyond Here Lies Nothing

- This Dream Of You


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