The Velvet Underground - Squeeze

 

Squeeze

 

The Velvet Underground

Veröffentlichungsdatum: ??.02.1973

 

Rating: 4 / 10

von Mathias Haden, 13.12.2013


Doug Yules quasi-Debüt ist nicht so miserabel wie sein Ruf.

 

Halt, stopp, jetzt rede ich! Den aufmerksamen Lesern wird bereits aufgefallen sein, dass es gar nicht möglich sein kann. 1973 kann doch kein neues VU-Album erschienen sein, haben sich die legendären Mitglieder Lou Reed, Sterling Morrison und Moe Tucker bereits Jahre zuvor getrennt, John Cale hat sowieso schon früher verabschiedet. Wer könnte dann die Dreistigkeit besitzen, den großen Namen der Band zu besudeln? Moment mal, da war doch noch dieser Typ, der Cale nach dem zweiten Studioalbum White Light/White Heat beerbte, Doug Yule mit Namen. Dieser tourte ab Anfang der 1970er mit einer neu zusammengewürfelten Band (Drummerin Tucker war auch noch dabei) und machte sich schließlich mehr oder weniger (Ian Paice von Deep Purple sitzt an den Drums) alleine daran, das letzte Velvet Underground-Album aufzunehmen.

 

Somit wird schon früh klar, was man sich erwarten bzw. was man sich nicht erwarten kann. Weder avantgardistische Art-Rock-Kapazunder über Drogenmissbrauch und sexuelle Tabus der Frühphase, noch die zugänglicheren Gassenhauer der späteren Phase, in der Yule ja schon Teil dieser Einheit war und beteiligt war an großartigen Songs. Nein, hier konnte man sich keine Erwartungen machen. Ohne den sarkastisch ehrlichen Reed oder seine fleißigen Kollegen konnte das ja nichts werden. So wurde die fünfte LP miserabel aufgenommen und war jahrzehntelang 'out of print'.

Bis sich im Jahr 2012 ein kleines Label erbarmte, die Rechte ergatterte und das ungeliebte Werk wieder auf Platte und erstmals auch CD veröffentlichte.

 

Würde man unvoreingenommen in den ersten Soloversuch von Yule, der natürlich nie einen guten Plattenvertrag bekommen hätte (verkauften sich doch die Scheiben der Band schon überhaupt nicht), hineinhören, man würde es nicht so trotzig abtun wie sämtliche Kritiker.

So grottenschlecht, wie sein vorauseilender Ruf, ist es nämlich gar nicht. Klar, hier fehlen sämtliche experimentelle, unkonventionelle Klänge, die das Schaffen der Band ausgezeichnet haben. Dafür wartet Yule mit einem zurückgelehnten Mix aus softem Rock und Pop auf. Nichts, was nicht zu ertragen wäre.

 

Die Einflüsse für Squeeze holt sich Yule interessanterweise nicht nur aus seinen Arbeiten mit VU, trotzdem klingt hier vieles nach den Sixties. Caroline klingt wie ein lustiger, aber recht gelungener Versuch, die großen Beach Boys zu imitieren und dem kurzen Crash wird vollkommen zu Recht ein 'Paul McCartney-zur-Beatles-Zeit'-Einfluss nachgesagt. Obwohl hier nichts nach Jubelstürmen ruft, sind die elf Tracks mal mehr, mal weniger solides Songmaterial und klingen nach verworfenen Ideen vom 'Vorgänger' Loaded. Bei zwei Gelegenheiten eifert er seinem ehemaligen Kollegen Reed sogar wirklich nach, nämlich auf den beiden letzten Tracks Jack & Jane und Louise, die vom Alltag verschiedener Personen handeln. Klingt alles ganz okay, Louise oder Mean Old Man könnten mit den richtigen Begleitmusikern sogar richtig gute Songs darstellen, Little Jack und She'll Make You Cry könnten sogar in dieser Form so bezeichnet werden. Richtig unerträglich scheint hier ohnehin nur Dopey Joe, der Rest ist unauffällig aber reibungslos.

 

So dudelt Yule, dem man die Bemühungen und den verzweifelten Wunsch, die Qualität des Vorangegangen zu halten, durchaus anmerkt, eine knappe halbe Stunde und macht sich nicht vollkommen zum Affen. Und irgendwie hat man seine Stimme nach VU-Klassikern wie Who Loves The Sun oder Candy Says dann doch soweit ins Herz geschlossen, dass man ihr hier nicht desinteressiert lauscht.

 

Die Generationen der letzten Jahrzehnte lernten Squeeze nur über 'Worst Album Lists' kennen, nun gibt es die Möglichkeit, sich ein eigenes Bild zu machen. Und dieses ist wirklich nicht so schlecht. Leider - und das ist wohl der größte Fauxpas der LP - wollte man hier einen annähernd erfolgsversprechenderen Namen benutzen, als Yules Solodebüt zu deklarieren. Und das gibt natürlich Abzüge in einer ansonsten makellosen Diskographie. Somit wurde hier kein solides Debüt, sondern eine historische Pleite erschaffen. Und was sagt der Schöpfer selbst zu seinem Werk? "...it's kind of a nice memory for me and kind of an embarrassment at the same time. I wish I had my eyes wider open, but it was nice to get my name and my songs out there." Damit musste er wohl all die Jahre mehr leiden als Hörer und Kritiker, die seinem quasi Solo-Debüt keine faire Chance geben konnten. Komplettisten, Yule-Fans und Leute, die sich mit unspektakulärem Sixties-Pop angefreundet haben, können problemlos zugreifen. Beim Rest werden nach dem Hören auch keine Lepraerscheinungen auftreten, für die wird Squeeze aber wohl ein wenig zu belanglos sein.

 

Anspiel-Tipps:

- Little Jack

- Crash

- She'll Make You Cry


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