Maroon 5 - Songs About Jane

 

Songs About Jane

 

Maroon 5

Veröffentlichungsdatum: 25.06.2002

 

Rating: 6.5 / 10

von Kristoffer Leitgeb & Mathias Haden, 29.07.2017


Revenge Mourn oder Die Kunst des gehaltvollen Kommerzes.

 

Die Begriffe Kredibilität und Authentizität sind zwei, mit denen Adam Levine und seine nunmehrigen Nebenmusikanten ihr ganzes Bestehen über zu kämpfen hatten. Also eigentlich hatten sie lange damit zu kämpfen, bis sie den Kampf gleich komplett aufgegeben haben und vollwertig unnötig geworden sind. Vielleicht kommen die Schwierigkeiten daher, dass zwar für die Band finanziell die Ausbeute gestimmt hat, der Konsument aber selbiges nicht über die Inhalte der präsentierten Alben sagen konnte und wollte. Und da beginnt nun das Dilemma.

 

Weil man ja die relative Leichtgewichtigkeit des oftmals als R&B-Funk-Pop-Rock auftretenden musikalischen Allerleis nicht so ganz aus dem Kopf bekommt. Alles sei auf die Charts zugeschnitten. Ein Vorwurf, der das Bullseye fast trifft, beim Debüt aber irgendwie nicht. Produziert hat mit Matt Wallace nicht gerade ein Pop-Spezialist, sondern der Schöpfer des Sounds von Faith No More, Inspiration waren weniger Billboards unzählige Charts, sondern der amouröse Schiffbruch des Adam Levine. Deswegen klingt "Songs About Jane" auch in leichten Dosen kantig und ansonsten soulful nicht nur in Bezug auf die offensichtlichen klanglichen Vorbilder. Irgendwo zwischen Stevie Wonder und Prince wäre Levine wohl gerne, eher bei Jamiroquai ist er mit Songs wie This Love oder Shiver gelandet.

 

Was wenig daran ändert, dass in einigen Minuten eine Gabe für die Kombination starker Melodien und atmosphärischer Gefühlswallungen zum Vorschein kommt. Nicht gar so sehr im Rock-Opener Harder To Breathe, wobei neben der auf den allerkleinsten Nenner herunterdividierten Funkigkeit doch schon wieder. Zumindest wirkt der rachelüsterne Sänger nicht weniger natürlich als der verloren winselnde. Letzterer klingt aber besser, weswegen man einem Trio gemächlicher, bei entsprechender Neigung unter die Haut gehender Tracks die meiste Aufmerksamkeit schenken sollte: The Sun, Must Get Out, She Will Be Loved. Die füttern erfolgreich die R&B-lastige Seite der Band, ohne dabei je wirklich die Vorgaben des Genres zu erfüllen. Viel eher setzt die Band mit ihrem spätberufenen, aber nuanciert werkenden Gitarristen James Valentine und dem immer zur rechten Zeit einschreitenden Tastenspezialisten Jesse Carmichael auf die Hybrid-Technologie. Deswegen sind Schubladisierungen auch leicht deplatziert, abgesehen von der Tatsache, dass Levine damals noch ein Schmachter vor dem Herrn war.

 

Als solcher überzeugt er aber, sogar noch ohne exzentrische Allüren und stattdessen mit imponierender Sangeskunst, die zwar keine übernatürlichen Fähigkeiten offenbart, immerhin aber zwischen dem zerbrechlichen, sehnsüchtigen Falsetto von She Will Be Loved und der wenig melodiösen gesanglichen Härte von Through With You problemlos umherwandelt. Überhaupt scheint die zweite Hälfte, gekrönt eben zuerst von Must Get Out, dann vom abgehackten Through With You, weniger dem trauernden Nachweinen, dafür etwas mehr der gekränkten Abrechnung und Flucht ins Nichts gewidmet zu sein. Secret und das überzeugende Live-Stück Not Coming Home sind dahingehend relativ eindeutig. Was dann Sunday Morning da mittendrin macht, weiß wer will.

 

Vielleicht hat es den als Fan-Favourite unbedingt da gebraucht, also doch als Zugeständnis an die große Meute, die man mit dem heute vergessenen und gut versteckten eigentlichen Debüt, "The Fourth World", nie gewonnen hat. Auch egal, der Rest überzeugt fast durchgehend. Weniger als R&B-Lehrstück, wohl kaum als Rockmonument, ganz sicher nicht als Verbeugung vor dem Funk, aber als Pop, der ein bisschen was von all dem sein will und ohne irgendwas davon zu erreichen trotzdem einige der wichtigsten Qualitäten dieser Genres verinnerlicht hat. Neben dem damals noch turbulenteren Innenleben von Adam Levine und der Erkenntnis, dass Nachweinen ohne Rachegelüste ein Ding der Unmöglichkeit ist.

 

K-Rating: 7.5 / 10

 


Keine Überraschungen und kaum Larifari am Durchbruchswerk.

 

Die digitale Revolution. Informationen auf Knopfdruck. Wissensbreite statt Wissenspleite. Ist das Leben im 21. Jahrhundert nicht schön? Wer wissen will, ob der Film zur Primetime was taugt, hat es mit zwei Handyklicks herausgefunden, zumindest seine Erwartungen angepasst. Aber was rede ich da, wer schaut denn überhaupt noch fern? Achtung Baby? Internet Baby! Und wer zum Henker liest überhaupt noch Reviews, wo doch jede Note nur eine kurze Spotify-Ladezeit entfernt ist? Selbst in Zeiten lesefreudiger Wissbegieriger entschieden oft nur ein paar Anhaltspunkte, um Interesse oder Desinteresse zu wecken. Um es kurz zu machen: Referenzen wie R&B-Funk-Pop-Rock oder Jamiroquai hätten mich damals weit davongejagt.

 

Und tun es wahrscheinlich mehr denn je, vor allem wenn sie vom zerbrechlichen, sehnsüchtigen Falsetto eines Adam Levine präsentiert werden, dem ich schon vor fünfzehn Jahren keine Emotion abnehmen konnte. Unter all den Weicheiern des Pop nimmt der mit seiner nervigen, aber unverkennbaren Stimme schon einen Sonderplatz ein. Besonders, weil er mit seinem lästigen Soul-tries-to-meet-Funk-tries-to-meet-Pop-Rock-Megahit This Love unbemerkt zum Sinnbild für all das wurde, was um die Jahrtausendwende an borniertem Pop-Rock und letzten Resten des Post-Grunge angespült wurde, in meinen Augen sogar bis zur unfassbar unnötigen, aber immens erfolgreichen Kollaborationssingle Smooth von Santana und Rob Thomas zurückreicht.

 

Gelegentlich wird aber doch ein bisschen klarer, warum der Typ einige Millionen Bewunderer hat, die ihn nicht nur wegen seiner äußeren Vorzüge zu schätzen wissen. Etwa auf She Will Be Loved, das sich zwar auch nicht als Quell Gefühle evozierender Minuten offenbart, mit seinem eleganten Bass und einer schmeichelnden Melodie aber durchaus kurzweilig ausfällt. Wie auch das andere, vom Kollegen zurecht gelobte The Sun, das allein schon durch seinen lässigen Groove und einen willkommenen Orgel-Ausritt heraussticht. Unverständnis herrscht aber darüber, warum gerade das rundum hübsche Sunday Morning so stiefmütterlich behandelt wird, vereint gerade dieses doch eine der stimmigsten Hooks der LP, einen der erträglicheren Auftritte Levines und die unterschiedlichen Einflüsse der Band doch ganz ordentlich.

 

Wesentlich besser jedenfalls, als das auf Ballast der Marke Sweetest Goodbye oder dem nicht enden wollenden Secret der Fall ist. Einerseits vor allem mit dramatischen Zeilen wie "Pushing forward and arching back / Bring me closer to heart attack" und nervigen Gitarrenausbrüchen am Ende, andererseits mit fünf langsam gesteigerten Minuten, die selbst am Ende nicht aus den Sphären geballter Langeweile ausbrechen können. Der Rest der Platte bewegt sich dann irgendwo zwischen weinerlich nervig und trotziger Härte, gebärt sich aber nur selten aufdringlich unangenehm.

 

Die Begriffe Kredibilität und Authentizität sind jedenfalls zwei, mit denen ich Adam Levine und seine Bande niemals in Verbindung gebracht hätte, noch nicht einmal mit emotionaler Bandbreite. Daran hat auch die Auseinandersetzung mit Songs About Jane, dem ersten Album unter dem Namen Maroon 5, nichts ändern können. Man könnte jetzt mit dem vermeintlichen Totschlagargument "Das ist halt Pop" kommen, das überlassen wir aber den Trotteln dieser Welt. Man würde der LP nur Unrecht tun, okay ist die allemal.

 

M-Rating: 5 / 10

 

Anspiel-Tipps:

- She Will Be Loved

The Sun

Must Get Out


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