Gene Clark - White Light

 

White Light

 

Gene Clark

Veröffentlichungsdatum: ??.08.1971

 

Rating: 8.5 / 10

von Mathias Haden, 21.02.2015


Die lyrische Perle im Schaffen des talentiertesten Ex-Byrds.

 

Jetzt habe ich ihn schon als größten Songwriter auserkoren, da darf er hier natürlich nicht länger fehlen: Harold Eugene Clark aus Missouri. Als Teil der Byrds ein bisschen an der amerikanischen Folk-Rock-Geschichte geschrieben, danach mit Doug Dillard in Richtung Bluegrass abgedriftet, um im Laufe des Jahres 1971 sein zweites Solostück und wohl persönlichste LP seiner Karriere aufzunehmen. Auch diese wurde trotz Beifall seitens der Kritiker zum nächsten Flop einer kommerziell wenig erfolgreichen Solokarriere, die später von Frustration und Desillusionierung, die Clark im Laufe seiner kommerziell erfolglosen Karriere als Solomusiker angehäuft hatte, gezeichnet sein sollte.

Auf White Light, dessen Name auf dem Cover nicht vermerkt ist und darum immer wieder für Verwirrung sorgte, hört man jenen Sänger, der mit dem Weltruhm abgeschlossen hatte, allerdings noch nicht. Stattdessen gibt es einige der schönsten und berührendsten Kompositionen, die je den Weg aufs Papier fanden.

 

Bereits das Artwork gibt einen guten Einblick in die bevorstehende, emotionale Reise, zu der Clark einlädt. Schwarz und mit einer Sonne, die die Silhouette des Sängers bestrahlt, passt es sich der Stimmung des Albums an. Sehr spärlich und überwiegend akustisch instrumentiert, singt der Amerikaner von der Liebe, Trauer und Schmerz. Dabei kommt vor allem Clarks poetische Seite zur Geltung, allen voran drängt sich hierbei For A Spanish Guitar auf, dem sogar der große Bob Dylan seine Anerkennung zukommen ließ. Wie könnte man es ihm aber auch verübeln, ein kurzer Blick auf die Lyrics beseitigt sämtliche Zweifel:

 

"And the workings of sunshine and rain

And the visions they paint that remain

Pulsate from my soul through my brain in a spanish guitar"

 

Zwischen zarten Gitarreneinlagen erhebt sich immer wieder Clarks Mundharmonika, die der heimeligen Stimmung weitere Tiefe gewährt. Nach fünf berührenden Minuten endet die Angelegenheit schließlich mit seiner schönsten Strophe und der Erkenntnis, soeben einen der größten Songs überhaupt gehört zu haben:

 

"To play on a spanish guitar with the sun shining down where you are

Skipping and singing a bar from the music around

Just to laugh through the columns of trees, to soar like a seagull in breeze

To stand in the rain if you please or to never be found"

 

Begleitet wird Clark übrigens u.a. von Kumpel und Gitarrist Jesse Ed Davis (der das Album auch produzierte) und dem Flying Burrito Brothers-Bassisten Chris Etheridge.

Diese sind nicht unbeteiligt daran, dass White Light zur düsteren Selbstreflexion wird; dem perfekten Soundtrack eines Sonnenaufgangs in Einsamkeit. Kaum einmal treten die Musiker in den Vordergrund, lassen den Protagonisten genug Raum, sich zu entfalten und die intime Stimmung nicht zu zerstören.

With Tomorrow gerät mit seiner Solo-Gitarre und Clarks gefühlvollem Gesang zum verfolgend fesselnden Liedchen, bereits seine einleitenden Worte sorgen für Gänsehautfeeling: "It was more like a dream than reality…". Auf dem umwerfenden Liebesbekenntnis Because Of You schmachtet Clarks charakteristischer Bariton zu lockeren Gitarren und dezenten Percussions, während der flotteste Track der LP, der titelgebende, wieder voll auf die Mundharmonika setzt. Selbst das einzige nicht selbst verfasste Stück, das The Band-Cover Tears Of Rage, macht sich der Ex-Byrd durch seinen gewissenhaften Gesang zu Eigen. Gemein haben sie alle den melodienhaften Folksound mit Countryeinschlag, den allein schon Clarks Herkunft aus dem 'deep south' rechtfertigt. Gerade diese wirft auch immer wieder das Rätsel auf, woher der in einfachsten Verhältnissen aufgewachsene Südstaatler die Fähigkeit besitzt, so mit Wörtern zu jonglieren.

 

Das führt uns auch schon zum einzigen wirklichen Kritikpunkt, den sich Clarks zweite LP gefallen lassen kann. Als klassisches Singer/Songwriter-Album legt die Hauptfigur hier ungleich mehr Wert auf Texte, als auf die begleitende Musik. Als gutes Beispiel kristallisiert sich hier das romantische One In A Hundred heraus, das zwar auch im Akustikgewand für formidable Minuten herhalten kann, im Vergleich mit seiner jangelnden Version, die auf der Pseudo-Compilation Roadmaster enthalten ist, aber den Kürzeren zieht. Überhaupt bedarf es einiger Hingabe und Geduld, dem anfangs vielleicht etwas spröde anmutenden Album seine verborgene Schönheit abzugewinnen.

 

Als größter Songwriter hält Gene Clark mit seinem introspektivsten Album White Light Einzug auf MusicManiac. Eines, das einen Protagonisten auf der Höhe seines songschreiberischen Schaffens zeigt und wiederum klarstellt, wer denn der talentierteste unter den Byrds-Musikern war. Vom charismatischen Sound seiner Ex-Band und vom Bluegrass der letzten Liaison als Dillard & Clark ist nicht viel übrig geblieben. Eher präsentieren die Musiker ein musikalisches Understatement, welches mit seinem stets melancholisch klingen Protagonisten als Unplugged-Set in jeder finster flimmernden Spelunke passen würde. Während die Musikwelt noch von den Resten der lebhaft funkelnden Spätsechziger zehrte, setzte Clark auf ein karges, persönliches Werk, dessen Schönheit in seinen poetischen Texten ruht. Dass er damit nicht zum großen Star wurde, verwundert herzlich wenig; die Leute wären wohl auch heute noch heillos überfordert damit.

 


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