NOFX - Punk In Drublic

 

Punk In Drublic

 

NOFX

Veröffentlichungsdatum: 19.07.1994

 

Rating: 5 / 10

von Kristoffer Leitgeb, 16.05.2015


Punk klingt immer gleich, NOFX klingen gleicher.

 

Oida, Punk is faaaad. Aber nein, Punk hat Riffs und Riffs und, verdammt, was hat er für Riffs. Wenn wir wieder ein bisschen ernster werden, finden wir schnell heraus, dass es sich bei der Eindimensionalität dieses Genres eher um ein Märchen als um eine wirklich wahre Wahrheit handelt. Es gibt ihn für die Soften (Green Day) und die Harten (T.S.O.L.), für die Politischen (Bad Religion) und die ganz Unpolitischen (blink-182). Es gibt ihn zusammen mit Pop, Ska, Folk, Jazz, Blues, Synth, und, und, und. Grad, dass es ihn nicht mit Prog auch noch gibt. Wo wir diese eine altbekannte These erfolgreich Lügen gestraft haben, widmen wir uns doch der albumumspannenden Fadesse. Die gibt es nämlich im Punk dann doch ab und an, auch bei weit ökonomischeren Längen als anderswo. NOFX wissen das spätestens seit 1994, als das große Jahr des Pop-Punk auch bei diesen Kaliforniern wieder einmal bewiesen hatte, wie viel besser es eigentlich gegangen wäre.

 

Was sich bei anderen legendären Alben aus diesem Jahrgang zwar auf deren langanhaltenden Ruhm bezieht, ihnen aber eine ordentliche Qualität doch nicht absprechen soll. Bei "Punk In Drublic" schaut es etwas anders aus. Soundtechnisch tut sich nämlich hier, naja, wenig. Es klingt sehr oft sehr gleich. Also eigentlich gleicher als sonstwo. Was, siehe Bad Religion, noch kein Todesurteil wäre. Doch die LP gibt sich von Beginn weg störrisch. Der von manchen verehrte Opener Linoleum eröffnet da mit symptomatischem Durchschnitt. Power und Tempo, das sind und waren zwei Lieblinge der Band. Doch so nebenbei vergisst man darauf, die Gitarren auf sympathische Art zu produzieren, den Drums viel mehr als hohen Speed zu verordnen und Fat Mike das Singen schmackhaft zu machen. Der Anfang wird so kurz und eigentlich noch immer relativ schmerzlos, nur kommt man nicht auf die Idee, sich im Genießen oder auch nur Mitsingen zu üben.

 

Dafür rauschen die Akkorde von El Hefe - worst Künstlername ever, selbst The Edge ist da besser - zu sehr an einem vorbei, dafür wirken die crunchy Riffs zu oft zu lethargisch und hölzern. Eine eigenwillige Kombination, hohes Tempo zu forcieren und trotzdem Lethargie aufkommen zu lassen, die Jungs schaffen es aber trotzdem ab und an. Weder Leave It Alone, noch das basslastige The Cause oder Fleas wollen aus diesem Schema wirklich ausbrechen. Wenig Angriff scheint durch, was auch damit zu tun haben könnte, dass man wenig Wert darauf legt, textlich mehr als das Nötigste auszusagen. Eindrucksvoll bewiesen in der vielsagenden Darlegung der eigenen Gründe, Musik zu machen, The Cause: "What are we doing this for? / The Cause, we're just doing it for the cause!" Befreiungsschläge gibt's aus dieser philosophischen Tiefe selten, lyrische Perlen verstecken sich, wenn überhaupt, in einem Song wie The Brews, der sich als Ode ans Jüdische mitsamt eingebautem Jiddisch entpuppt.

 

Doch die Rettung kommt... hin und wieder... ein wenig. Man wird genügsam, wenn man kurz anfängt zu glauben, der harte Sound von Dig mit Fat Mikes aggressivem Organ und schräg unpassender Ska-Bridge wäre das Beste, was diesmal aus ihnen herauszuholen wäre. Nein, nein, kommt schon noch besser, Don't Call Me White legt davon ein erstes, zaghaftes Zeugnis ab. Mit zweieinhalb Minuten schon fast elendiglich lang für diese LP, macht der Track dank seiner melodischeren Riffs und der gesellschaftskritischen Aussage doch ein bisschen was richtig. So ganz abheben will er nicht, was auch daran liegen könnte, dass vor allem die Drums nicht daran denken, ein Sekündchen vom angeschlagenen Beat abzuweichen. Trotzdem wähnt man sich auch andernorts in besseren Gefilden. Mit dem vom auswärtigen Mark Curry geschriebenen Perfect Government gelingt ihnen ein politisches Statement der ehrlichen Art, mit der zweifellos abzunickenden Frage "How did the cat get so fat?". Erst in der insgesamt etwas schläfrigen zweiten Hälfte kommt aber für einmal die große Qualitätsexplosion, die einem den chaotischen Haufen fast wieder sympathisch machen könnte. Wobei der eindeutige Gewinner der LP, Lori Meyers, auch von Gastsängerin Kim Shattuck profitiert, die mehr Leben in den kurzen Song bringt, als es Fat Mike im restlichen Album gelungen wäre. Und so wird die Story von der zu rettenden Prostituierten zum kraftvollen Schlag, der mit High-Speed, Metal-Riffs und starken Zeilen zu punkten weiß:

 

"Who the hell are you to tell me how to live?

You think I sell my body, I merely sell my time

I ain't no Cinderella, I ain't waiting for no Prince

To save me, in fact until now I was doing just fine"

 

Es bleibt aber dann doch ein recht einsamer Aufschrei, der im umgebenden Geflüster schnell verhallt. Die ultrakurzen Versuche von The Quass und Punk Guy zeigen, dass der Grund, warum einem hier wenig nach dem Ende nachhängt, ganz sicher nicht die Songlängen sind. In einer Minute gibt's fast nichts zu verhauen, gewonnen wird mit den röhrenden Gitarren aber auch nichts. Ein Ausflug in Richtung Surf Rock wie mit My Heart Is Yearning könnte für Abwechslung sorgen, doch ein gut ausmusiziertes Drumherum mit Steel Drums und Trompete können das träge Zusammenspiel aus Bass und Gitarre kaum verdecken, die mühsame, spät einsetzende Gesangsperformance schon gar nicht. Auch Ska-Track Reeko schafft trotz ähnlicher Vorzeichen nicht mehr, als zum Ende hin ein eher müdes Hinnehmen der angeschlagenen Töne hervorzurufen, um einen kurz vor dem Einschlafen wenigstens in wirkungsvoller, lauter Manier aufzuwecken.

 

Ein später Weckruf quasi. Womit der LP vielleicht doch etwas Unrecht getan wird. So wirklich zum Wegschnarchen ist "Punk In Drublic" nicht. Einerseits ist das dem Tempo und der Härte mancher Songs zu verdanken, andererseits der hin und wieder zur Schau gestellten Qualität, die einen in dem Eindruck zurücklässt, für Fat Mike und die anderen wäre mehr zu machen gewesen aus diesem 'Meilenstein des Pop Punk'. Dafür kommt sie aber einfach in zu homöopathischen Dosen daher, um wirklich mit Nachdruck klar zu machen, dass NOFX für viel mehr als eine fade Gurkentruppe stehen. Das punkige Credo der einförmigen High-Speed-Härte haben sie zwar verinnerlicht, schmackhaft machen müssen es einem aber ziemlich sicher andere.

 


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